80. Gemeindebrief zum 07.11.2021
Kyrie
Herr, Jesus Christus,
aus der Fülle seiner Unermesslichkeit und Liebe
hat der Vater dich in unser Kleindenken gesendet.
Herr, erbarme dich.
Du hast dich den Menschen zugewandt,
die an ihrer inneren und äußeren Bedürftigkeit zu scheitern drohten.
Christus, erbarme dich.
Du hast dich verschenkt bis ins Äußerste.
Herr, erbarme dich.
Tagesgebet
Allmächtiger und barmherziger Gott,
wir sind dein Eigentum,
du hast uns in deine Hand geschrieben.
Halte von uns fern, was uns gefährdet,
und nimm weg, was uns an Seele und Leib bedrückt,
damit wir freien Herzens deinen Willen tun.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
1. Lesung aus dem ersten Buch der Könige
In jenen Tagen machte sich der Prophet Elíja auf und ging nach Sarépta.
Als er an das Stadttor kam, traf er dort eine Witwe, die Holz auflas.
Er bat sie: Bring mir in einem Gefäß ein wenig Wasser zum Trinken!
Als sie wegging, um es zu holen, rief er ihr nach:
Bring mir auch einen Bissen Brot mit!
Doch sie sagte:
So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts mehr vorrätig als eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Ich lese hier ein paar Stücke Holz auf und gehe dann heim, um für mich und meinen Sohn etwas zuzubereiten. Das wollen wir noch essen und dann sterben.
Elíja entgegnete ihr:
Fürchte dich nicht! Geh heim und tu, was du gesagt hast! Nur mache zuerst für mich ein kleines Gebäck und bring es zu mir heraus! Danach kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten; denn so spricht der Herr, der Gott Israels:
Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.
Sie ging und tat, was Elíja gesagt hatte.
So hatte sie mit ihm und ihrem Haus viele Tage zu essen.
Der Mehltopf wurde nicht leer und der Ölkrug versiegte nicht, wie der Herr durch Elíja versprochen hatte.
2. Lesung aus dem Hebräerbrief
Christus ist nicht in ein von Menschenhand gemachtes Heiligtum hineingegangen, in ein Abbild des wirklichen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor Gottes Angesicht zu erscheinen für uns; auch nicht, um sich selbst viele Male zu opfern, wie der Hohepriester jedes Jahr mit fremdem Blut in das Heiligtum hineingeht;
sonst hätte er viele Male seit der Erschaffung der Welt leiden müssen.
Jetzt aber ist er am Ende der Zeiten ein einziges Mal erschienen, um durch sein Opfer die Sünde zu tilgen.
Und wie es dem Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt, so wurde auch Christus ein einziges Mal geopfert, um die Sünden vieler hinweg zunehmen; beim zweiten Mal wird er nicht wegen der Sünde erscheinen, sondern um die zu retten, die ihn erwarten.
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit lehrte Jesus eine große Menschenmenge und sagte:
Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten!
Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die Ehrensitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben. Sie fressen die Häuser der Witwen auf und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete.
Umso härter wird das Urteil sein, das sie erwartet.
Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein.
Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch:
Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen;
diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles hergegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.
Predigt
Heute begegnen uns in den Texten der Schriftlesungen zwei Frauen, die am Rande des Existenzminimums leben; zwei Frauen ohne Zukunft. Zwei Frauen mit leeren Händen. Die Witwe von Sarepta und die Witwe im Tempel. Und dennoch, so sagen es die Texte: Beide geben, beide teilen.
Genau gesehen ist es ja gar nicht viel. Im Vergleich zu dem, was andere geben, ist es fast gar nichts - aber - es ist alles, was sie haben. Da bleibt nichts mehr übrig für sie selbst. Diese beiden Frauen warten nicht drauf, dass andere ihnen helfen, nein, sie helfen; sie geben was sie haben. Alles, weil eine andere Hilfe braucht: dieser hungrige Prophet - und die Armen, für die der Erlös aus dem Opferkasten bestimmt ist. Diese Frauen zählen nichts ängstlich ab, sie halten nichts zurück für morgen, sondern sie gestalten mit ihren kleinen Möglichkeiten das Jetzt: Großzügig und ohne Angst, ohne Sorge und - ohne Berechnung. Einfach um zu helfen.
Wieviel Freiheit müssen sie innerlich haben, um so handeln zu können! Und wieviel Glauben müssen beide haben, um so frei sein zu können... Glauben an einen Gott, der sie nicht untergehen lässt; der sie nicht verlässt in der Not, sondern der sich auf die Seite der Kleinen, der Armen und der Schwachen stellt. Etwas tun ohne Berechnung, ohne Hintergedanken, sondern weil es not-wendig ist, einfach nur aus Liebe.
Das ist der Focus, auf den diese Bibelstellen hinauslaufen. Und der Evangelist hat sie wohl absichtlich mit dieser ausführlichen Beschreibung der Schriftgelehrten kombiniert. - Schriftgelehrte, das waren damals sehr ehrenwerte Leute. Menschen, die es sich nie zu leicht gemacht haben, sondern die alles dafür getan haben, um die Gebote zu erfüllen. Alles besonders streng, besonders gesetzestreu, besonders gottesfürchtig und besonders fromm.
Es stellt sich die Frage: Warum spricht Jesus so negativ von ihnen?
Und warum baut der Evangelist sie zum Gegenpol zu dieser Witwe auf?
Nun, sicher nicht, weil sie fromm und gottesfürchtig waren. Dagegen ist ja nichts zu sagen. Aber sie waren fromm, gottesfürchtig und mildtätig - aus Berechnung. Um eben dafür gelobt zu werden; um überall die besten Plätze zu bekommen; damit keiner an ihnen vorbeikam, ohne sie zu grüßen und damit am Ende nicht einmal Gott umhin kann, sie zu belohnen. Diese Schriftgelehrten waren so berechnend gut und fromm, dass sie meinten, nicht einmal mehr Gott zu gebrauchen, um „in den Himmel zu kommen". Denn das haben sie selbst erledigt, mit ihrer Gesetzesfrömmigkeit, mit ihren Gebeten und ihrer Frömmigkeit. Einen Gott, der sich den Sündern, den Schwachen und den Kleinen zuwendet, den brauchten sie gar nicht, denn sie fühlten sich ja selbst groß, stark und gerecht durch ihre Frömmigkeit. Und alle, die anders waren, die waren ja nicht so gut wie sie. Und deshalb konnten sie sie verachten.
Spüren Sie, was Jesus an diesen Schriftgelehrten kritisiert? Dass sie sicher waren, alles selber regeln zu können, sogar das Verhältnis, das Gott zu ihnen haben muss. Alles genau berechnet.
Aber Gott wünscht sich Menschen, denen er etwas schenken kann;
Menschen, die sich von ihm beschenken lassen können;
Menschen, bei denen nicht das Morgen zählt, sondern das Heute, das Jetzt, und nicht die eigene Sicherheit, sondern die Hilfe für andere.
Menschen, die so fest auf Gott bauen, dass sie sicher sind, dass er dann da ist, wenn sie am Ende sind, und der niemanden hängen lassen wird, der um seinetwillen alles hergegeben hat.
Liebe Schwestern und Brüder, davon hören wir heute:
Von einem Glauben, der nicht rechnet, sondern der schenkt,
von einem Glauben, der nicht kalkuliert, sondern der zur Liebe wird, weil er sich selbst beschenken lassen kann, von Gott her. Ein Glaube mit Risiko, ohne Zweifel.
Aber ein Glaube, der die Welt verändern kann.
Und unsere Lehrmeisterinnen in Sachen Glauben, „Kirchenlehrerinnen" sozusagen, sind diese beiden Witwen. Zwei Frauen mit leeren Händen, die ganz viel schenken können.
Fürbitten
Wenden wir uns an unseren Herrn Jesus Christus,
der uns zu lebendig gelebter Liebe aufruft.
Unser Bemühen um das Gute will er unterstützen.
Darauf vertrauen wir und bitten:
Christus, erhöre uns:
Öffne unsere Augen für die Menschen in ihren Nöten und bewege unsere Herzen, ihnen beizustehen so gut, wie wir es können und vermögen.
Öffne unsere Augen für die Menschen in ihren Nöten und bewege unsere Herzen, ihnen beizustehen so gut, wie wir es können und vermögen.
Segne alle, die sich für andere einsetzen und ihnen zu Recht und Schutz verhelfen.
Bewege und lenke die Gedanken der Mächtigen und Einflussreichen, für Frieden und Gerechtigkeit rund um die Erde einzutreten.
Schenke allen Gemeinden mutige und einsatzfreudige Helfer, die Hand anlegen und ihre Gemeinde lebendig gestalten.
Sende deinen Geist in besonderer Weise auf alle herab, die große Verantwortung tragen: in Kirche und Gesellschaft, in der Erziehung Heranwachsender, in der Leitung lebenswichtiger Einrichtungen.
Nimm alle Verstorbenen auf in die Gemeinschaft mit dir.
Herr Jesus Christus, du bist unser Helfer und Wegbegleiter.
Dir vertrauen wir uns an.
Und wir preisen dich: heute und in Ewigkeit. – Amen.
Schlussgebet
Schauen wir auf unser Leben zurück,
liebender, barmherziger Gott,
sind wir reich beschenkt.
Du begleitest uns auch in die neue Woche.
Manche Herausforderung brauchen wir,
manche fürchten wir.
Wir bitten dich um deinen Segen.
Für uns,
für die Menschen, die wir lieben,
für die Menschen, denen wir begegnen,
auch für die, die uns fremd bleiben.
Lass uns in deinem Frieden leben
bis du vollendest, was wir nicht vollenden können.
Durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus.
Amen.
Segen
Gottes Segen erfülle euch.
Er erfülle euer Herz und fülle eure Hände.
Er sei in euch lebendig, wenn ihr Menschen begegnet,
für die ihr Boten der Liebe Gottes sein sollt.
Und so sei bei euch die Liebe, die Kraft
und der Segen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
04.11.2021