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29. Gemeindebrief: Sonntag 04.10.2020

27. Sonntag im Jahreskreis -Erntedank

Einführung
Jedes Jahr im Herbst feiern wir Erntedank. Wahrscheinlich haben die wenigsten von uns noch einen konkreten Bezug zu Landwirtschaft und Ernte. Unsere Vorfahren gingen tagein, tagaus aufs Feld, um zu säen und die Felder zu bebauen, um nach den Pflanzen zu schauen und das Reifen zu beobachten, um den besten Moment für das Einbringen der Ernte zu bestimmen. Wir hingegen müssen nicht mehr mit großem Einsatz oder Mühe die Ernte einbringen. Wir gehen in den Supermarkt und kaufen, was uns gerade anlacht, worauf wir Lust haben.

Heute, am Erntedanksonntag, haben aber auch wir allen Grund, Gott zu danken, selbst wenn viele Zeitgenossen den Bezug zum Erntedankfest verloren haben. Wir danken Gott, dass wir genug zu essen haben, dass wir in Sicherheit und in Frieden leben können,
dass wir nicht wie viele Menschen – etwa im Nahen Osten – auf der Flucht sind.
Es gibt viele Gründe, heute Gott Danke zu sagen.

Klaus Koltermann, Pfarrer

Tel: 02133 91591 E-Mail: pastor.koltermann@dormagen-nord.de

 

1. LESUNG - JES 5,1-7 Lesung aus dem Buch Jesaja

Ich will singen von meinem Freund, das Lied meines Liebsten von seinem Weinberg.
Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fruchtbaren Höhe. Er grub ihn um und entfernte die Steine und bepflanzte ihn mit edlen Reben. Er baute in seiner Mitte einen Turm und hieb zudem eine Kelter in ihm aus. Dann hoffte er, dass der Weinberg Trauben brächte, doch er brachte nur faule Beeren.
Und nun, Bewohner Jerusalems und Männer von Juda, richtet zwischen mir und meinem Weinberg!
Was hätte es für meinen Weinberg noch zu tun gegeben, das ich ihm nicht getan hätte?
Warum hoffte ich, dass er Trauben brächte? Und er brachte nur faule Beeren!
Jetzt aber will ich euch kundtun, was ich mit meinem Weinberg mache: seine Hecke entfernen, sodass er abgeweidet wird; einreißen seine Mauer, sodass er zertrampelt wird.
Zu Ödland will ich ihn machen. Nicht werde er beschnitten, nicht behackt, sodass Dornen und Disteln hochkommen. Und den Wolken gebiete ich, keinen Regen auf ihn fallen zu lassen.
Denn der Weinberg des Herrn der Heerscharen ist das Haus Israel und die Männer von Juda sind die Pflanzung seiner Lust.
Er hoffte auf Rechtsspruch doch siehe da: Rechtsbruch, auf Rechtsverleih doch siehe da: Hilfegeschrei.

2. LESUNG - PHIL 4,6-9 Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi

Schwestern und Brüder! Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren. Im Übrigen, Brüder und Schwestern: Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht! Und was ihr gelernt und angenommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.

EVANGELIUM - MT 21,33-44 Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus

In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohepriestern und den Ältesten des Volkes: Hört noch ein anderes Gleichnis:
Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land.
Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte holen zu lassen. Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie.
Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso. Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe.
Auf, wir wollen ihn umbringen, damit wir sein Erbe in Besitz nehmen.
Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um.
Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er mit jenen Winzern tun?
Sie sagten zu ihm: Er wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist.
Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen:
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; vom Herrn ist das geschehen und es ist wunderbar in unseren Augen? Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.
Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die Früchte des Reiches Gottes bringt.

Gedanken zum Sonntag

In einem Jugendgebetbuch steht folgendes Gebet:
„Ich glaube, zum Leben gehört mehr
als Essen und Trinken, Wohlstand und Gesundheit.
Ich glaube, zum Leben gehört mehr
als Lehren und Lernen, Begreifen und Verstehen.
Ich glaube, zum Leben gehört mehr
als Lust und Befriedigung, Erfolg und Glück.
Ich glaube, zum Leben gehört auch
Vertrauen und Hoffen, Sich-Gedulden und Warten.
Ich glaube, zum Leben gehört auch
Angst und Aufhören von Angst,
Trauer und Aufhören von Trauer.
Ich glaube, zum Leben, das ich lebe, gehört der,
der mir mein Leben gab:
Gott, ich danke dir!"

Erntedank. Das ist zunächst das Fest, an dem wir das ganz Naheliegende tun und Dank sagen für die Früchte unserer Erde, für die Nahrung, für das Wachsen und Gedeihen der Natur. Zugegeben: Vielen von uns ist es fremd, das Wachsen der Getreidefelder zu beobachten. Wir wissen wenig über die Sorgen der Landwirte, das gute oder schlechte Wetter. Wir freuen uns lediglich, wenn zum Beispiel in unseren Gärten viele Kirschen und Zwetschgen wachsen, wenn der Salat im Beet groß wird, ohne dass die Schnecken ihn verschlingen. Und wir kaufen alles, was wir sonst brauchen, im Supermarkt ein. Doch heute an Erntedank kann uns neu bewusst werden, wie kostbar es ist, dass Menschen pflanzen und anbauen, pflegen und ernten. Wir leben davon und danken an diesem Tag dafür, dass Gott uns leben lässt.

Aber das ist längst nicht alles. „Zum Leben gehört mehr ..." heißt es im Jugendgebet. Heute machen wir uns also auch auf die Suche nach diesem „Mehr", welches unser Leben ausmacht. Vielleicht hat die Coronakrise unseren Blick dafür geschärft. Das Jugendgebet nennt einiges davon: Wohlstand und Gesundheit, lernen dürfen, begreifen und verstehen. Lust und Befriedigung, Erfolg und Glück. Manches davon ist in den letzten Wochen und Monaten besonders kostbar geworden. Wir haben ein funktionierendes Gesundheitssystem neu schätzen gelernt, welches uns auch bei schwerer Krankheit gut versorgt. Wir haben gespürt, wie wichtig das Miteinander in den Kindergärten und Schulen ist für die Entwicklung und die Freundschaften unserer Kinder und Jugendlichen. Wir erleben, wie dringend wir auf Arbeitsplätze angewiesen sind, die lange Zeit für viele so sicher schienen und die nun je nach Branche so schwer ins Trudeln kommen. All dies zeigt uns: Unser Leben und seine Umstände sind alles andere als selbstverständlich. Umso mehr haben wir heute Grund, Dank zu sagen für das, was uns nach wie vor geschenkt ist. Doch unser Blick geht noch weiter...

Vielleicht erinnern wir uns nun schmerzhaft daran, wie sehr auch wir in der Krise vor allem auf unsere eigene Versorgung geschaut haben, statt freigiebig von unserer komfortablen Ausstattung an notleidende Länder abzugeben. In den letzten Monaten haben wir grundlegend Neues gelernt. Wir, die wir oft meinen, alles im Griff zu haben, wurden so sehr aus der Bahn gerissen. Aus der schnelllebigen Hektik unseres Alltags sind wir heruntergebremst. Alle Sicherheiten haben sich als trügerisch herausgestellt.
Auch mein inneres Wertesystem hat es gehörig durchgerüttelt. Plötzlich sind ganz andere Eigenschaften gefragt als bisher: nicht mehr Zielstrebigkeit und Effektivität, sondern Flexibilität und Geduld, Kreativität und Zusammenhalt. „Ich glaube, zum Leben gehört auch Vertrauen und Hoffen, Sich-Gedulden und Warten", sagt das Jugendgebet dazu. Ja, denke ich, und bin froh, dass es Menschen gibt, die erfinderisch werden in der Not. Die trotz der eigenen harten Situation an andere denken. Bin froh, dass es Menschen gibt, die über sich hinauswachsen in der Sorge und Pflege der Bedürftigen. Bin froh, dass es Menschen gibt, die die Freude hochhalten, die den Mut stärken, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Die, die immer neue Ideen haben, wie wir durch diese schwere Zeit kommen, ohne dass dabei Menschen auf der Strecke bleiben.

Ja, ich bin wahrhaft dankbar, dass die Krise uns neben allem Leid einen neuen Blick schenkt für das, was uns wahrhaft leben lässt: die gegenseitige Solidarität und Unterstützung, ob in der Familie, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, in unserem ganzen Land, durch die wir allen Schwierigkeiten mutig die Stirn bieten, einander Rückhalt geben, füreinander einstehen und miteinander daran glauben können, dass es gut wird, trotz allem.
Diese Solidarität gebührt allen Menschen auf dieser Welt. So wie wir nicht aus unserer Leistung leben, sondern Beschenkte sind, so sollen alle Menschen Anteil bekommen an dem, was sie zum Leben brauchen.

Das Jugendgebet rückt am Ende noch einen letzten Gedanken in den Mittelpunkt. Es sagt: Zum Leben gehört es, einen Gott zu haben. Wie wahr! Wer Gott vertraut, verzweifelt nicht an der Brüchigkeit des Lebens. Wer Gott vertraut, muss sein Leben nicht aus eigener Kraft stemmen. Wer Gott vertraut, kann teilen, ohne Angst zu haben, zu kurz zu kommen. Gott ist der Urgrund unseres Dankes. Wir glauben, dass unser Leben aus ihm kommt und auf ihn hinführt. Wir sind behütet, was auch immer geschieht. Gott sei Dank!

Fürbitten

Gott vertraut uns die Erde an und beschenkt sie und uns mit reicher Ernte.
Jesus Christus ist mit uns auf dem Weg, wenn wir die Welt schützen und bewahren und Gottes Ernte einbringen. Bitten wir den Herrn des Weinbergs für seine Welt:
Bitten:
Wir danken für die reiche Ernte, die auch in diesem Jahr wieder unser Leben sichert;
wir danken und beten für alle, die uns mit Lebensmitteln versorgen -
in unserem Land, in Europa und in der Welt.
- kurze Stille - V. Gott, du gibst deinen Segen - A: Wir bitten dich, erhöre uns

Wir denken auch an die vielen Millionen Menschen, die immer noch jeden Tag hungern.
- kurze Stille - V. Gott, du gibst deinen Segen - A: Wir bitten dich, erhöre uns

Wir danken, dass Deutschland wieder zusammenwächst, weil wir zusammengehören.
Wir beten für alle, die sich dafür einsetzen,
dass die Lebensverhältnisse im ganzen Land wirklich vergleichbar werden
in Frieden und Gerechtigkeit.
- kurze Stille - V. Gott, du gibst deinen Segen - A: Wir bitten dich, erhöre uns

Wir danken dafür, dass so viele Menschen die Corona-Infektion überstanden haben.
Wir beten für Männer und Frauen und Kinder, die krank sind und lange leiden;
für alle, die eine Infektion fürchten und sich schützen -
und für die eher wenigen, die das alles für übertrieben halten.
- kurze Stille - V. Gott, du gibst deinen Segen - A: Wir bitten dich, erhöre uns

Wir danken für mehr als fünfundsiebzig Jahre Frieden hier bei uns.
Und bitten für die Völker im Kaukasus und im östlichen Mittelmeer,
in Arabien und im Nahen Osten,
wo schon wieder die Spannungen wachsen oder Krieg und Bürgerkrieg wüten.
- kurze Stille - V. Gott, du gibst deinen Segen - A: Wir bitten dich, erhöre uns

Wir danken für den friedlichen Übergang so vieler europäischer Länder zur Demokratie.
Wir beten für die Menschen in Belarus und anderen Staaten,
wo Freiheit und Mitbestimmung immer noch
oder schon wieder eingeschränkt und bedroht sind.
- kurze Stille - V. Gott, du gibst deinen Segen - A: Wir bitten dich, erhöre uns

Wir sind dankbar für einen langen Sommer und für den Regen, der die Trockenheit jetzt beendet.
Wir beten für alle, die Gottes Schöpfung besser zu bewahren suchen und sich dafür engagieren-
im eigenen Alltag und bei besonderen Aktionen und Demonstrationen.
- kurze Stille - V. Gott, du gibst deinen Segen - A: Wir bitten dich, erhöre uns

Abschluss-Gebet

Gott, du hast den Weinberg Erde geschaffen und uns anvertraut.
Durch deine Gnade können wir ihn bearbeiten und deine Ernte einbringen.
Du hörst unsere Bitten und kennst die vielen Nöte, die jetzt unausgesprochen bleiben.
Das alles vertrauen wir dir an und danken für so viel Hilfe und Liebe.
Dich loben wir im Heiligen Geist, mit Jesus Christus, unserem Bruder und Herrn. Amen
Quelle: Bistum Trier

02.10.2020

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