zurück

Gemeindebrief Ostern 2021

Das Osterfest will uns zu einer Hoffnung anspornen, die in unserer glaubensskeptischen, säkularisierten Zeit wie eine Provokation wirken kann. 

Es ist die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod in der ewigen Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus. Aber laut einer neuesten Umfrage gehören 60 Prozent der Deutschen heute wohl zu jenen, die nicht an ein Leben nach dem Tod glauben oder darin unsicher sind. So enthalten auch viele Todesanzeigen keinen Hinweis mehr auf den Auferstehungsglauben.

Bitte, lassen wir uns die Hoffnung auf ein ewiges Leben nicht ausreden.
Es ist keine Weltflucht und keine Naivität, sondern zutiefst menschlich, wenn wir über die Lebenszeit unseres Leibes hinausdenken. 

Interessant erscheint in diesem Zusammenhang der Rocksänger Peter Maffay, der keiner Kirche angehört und anlässlich seines 70. Geburtstags (2019) freimütig bekannte, er bete jeden Tag zu Gott, denn dieser sei für ihn eine Möglichkeit zu hoffen. In seinem Song „Größer als wir" spricht er Gott so an: „Du bist größer als die Zeit. / Größer als alles hier. / Größer als wir."

Wer größer ist als die Zeit, der ist doch der Überzeitlich-Ewige.
Der ist derjenige, der uns die Zeit schenkt, uns begleitet und einmal ewiges Leben gewähren kann.

Pastor Klaus Koltermann

Erste Lesung Apg 10, 34a.37–43; Lesung aus der Apostelgeschichte

In jenen Tagen aber begann Petrus zu reden und sagte:
Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden geschehen ist, angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat:
wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft,
wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren;
denn Gott war mit ihm.

Und wir sind Zeugen für alles, was er im Land der Juden und in Jerusalem getan hat.
Ihn haben sie an den Pfahl gehängt und getötet.
Gott aber hat ihn am dritten Tag auferweckt und hat ihn erscheinen lassen, zwar nicht dem ganzen Volk, wohl aber den von Gott vorherbestimmten Zeugen:
uns, die wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben. Und er hat uns geboten, dem Volk zu verkünden und zu bezeugen:
Dieser ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten.
Von ihm bezeugen alle Propheten, dass jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen die Vergebung der Sünden empfängt.

Zweite Lesung Kol 3, 1–4; Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Kolóssä

Schwestern und Brüder!

Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt!
Richtet euren Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische!
Denn ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott.
Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit.

Evangelium Joh 20, 1–9; Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes

Am ersten Tag der Woche kam Maria von Mágdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. 

Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben.

Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab;
sie liefen beide zusammen, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als Erster ans Grab.
Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging jedoch nicht hinein.

Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein.
Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle.

Da ging auch der andere Jünger, der als Erster an das Grab gekommen war, hinein;
er sah und glaubte.

Denn sie hatten noch nicht die Schrift verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse.

Halleluja! Wir feiern Ostern! Jesus ist auferstanden von den Toten; er lebt. Er lebt und auch wir werden leben.

Wer auch nur einen Blick in die Zeitungen wirft und Nachrichtensendungen schaut, gewinnt einen anderen Eindruck. Dieses Leben ist bedroht und der Tod scheint die Oberhand zu behalten. Und trotzdem hören wir in den österlichen Gesängen vom Sieg über den Tod und „der Tod hat keinen Stachel mehr".

Rückblick:
In den zuletzt vergangen Tagen haben wir uns vergegenwärtigt, durch welche „Hölle" Jesus gegangen ist. Da war Verrat und Verhaftung, Verleumdung und Verspottung, Verurteilung, Verzweiflung, Verlassenheit und der grausame, unehrenhafte Tod am Kreuz. Jesus hat das Himmelreich verkündet und für viele Menschen Zeit seines irdischen Lebens und Handelns den Himmel geöffnet. Er musste als Mensch sozusagen durch alle irdischen Räume der „Hölle" gehen, die Menschen einander bereiten können. Sein Leben endete so, wie es begonnen hatte: in der Fremde ohne festen Wohnsitz, geborgen einzig und allein durch den Schoß der Mutter, in Leinentücher gewickelt und in eine fremde Unterkunft gelegt. Alle, die mit ihm unterwegs und ihm gefolgt waren, die ihn geliebt hatten, waren sich sicher:
Jetzt ist alles aus.
Das ist das Ende.
Und doch ist das nicht das Ende. Es ist gerade mal das Vorletzte.
Im Morgengrauen nach der Sabbatruhe, in jener Stunde zwischen dem Dunkel und dem Licht, in der die Dinge langsam aus der Nacht heraus ins Tageslicht treten, geht Maria aus Magdala zu dem frischen Grab im Garten. Es hilft immer wieder, die schreckliche Realität anzuerkennen, wenn wir den Ort aufsuchen, wo sie sich ereignet hat, wo noch Spuren zu finden sind. Es ist wie das Suchen von Beweisen am Tatort. Doch was sie dort vorfindet, das bringt sie noch mehr aus dem Gleichgewicht. Denn sie sieht „dass der Stein vom Grab weggenommen war." Sie schaut nicht in das Grab hinein, sondern läuft „schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte".

Sehnsucht:
Diese beiden ersten waren und sind wie Maria von Magdala und vielleicht auch wir Suchende, Menschen voller Sehnsucht. Denn beide liefen zusammen zum Grab, kamen aber nicht zeitgleich an. Johannes ist zwar der Schnellere, aber auch Simon sieht nichts anderes als er: Da liegen die Leinenbinden, die Totentücher, in die man den Leichnam Jesu gewickelt hatte. Nur „das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu gelegen hatte", liegt zusammengefaltet, gebunden an einer besonderen Stelle. Die Jünger sehen das alles, können sich aber keinen Reim darauf machen und gehen ratlos nach Hause zurück. Sie ahnen noch nicht, was das alles zu bedeuten hat, obwohl es von Johannes heißt, dass auch er ins Grab hineinging, sah und glaubte. Die im Grab liegenden Leinentücher geben ein Glaubensgeheimnis preis, ja sie enthüllen es förmlich.

Aufschlussreich:
Maria von Magdala läuft nicht, ihr Suchen ist eher einer Erwartung gewichen.
Das Wichtigste im Leben wird nicht gesucht, sondern erwartet. Die ersten Worte des Auferstandenen im Ostergarten sind geprägt von einer außerordentlichen Zärtlichkeit: „Frau, warum weinst du?" So als wollte Jesus Maria und uns sagen: Sprich doch über deine Tränen, sie sind mir wichtig! Was bewegt dich denn so, was bedrängt dich so sehr, dass du weinst? Jesus sagt nicht „Hör doch auf zu weinen!" und liefert ihr Erklärungen. Er interessiert sich vielmehr für die Tränen. Der Auferstandene will uns da begegnen, wo wir weinen. Jesus kommt nicht strahlend daher und blendet nicht; er drängt sich nicht auf, sondern seine Stimme ist einfühlsam, voller Mitgefühl.

Konsequenz für uns:
„Wen suchst du?"
Eine schlichte Frage, die es in sich hat, die sozusagen eine Definition des Menschen ist: Wir alle sind doch wie Maria von Magdala und wie die beiden Jünger, die zum Grab laufen, Suchende. Maria leidet unter dem Fehlen dessen, den sie so sehr liebt. Sie beweint den, den sie liebt. Der Auferstandene spricht sie mit ihrem Namen an. Er zeigt sich, enthüllt und entfaltet die Frohe Botschaft. Er gibt Maria einen besonderen Auftrag zur Verkündigung, dass er lebt und ist dann wieder verborgen. Er bleibt aber unsichtbar an der Seite derer, die hineinwachsen in die Erkenntnis, dass er lebt, dass der Tod eben nicht das letzte Wort hat, dass Liebe stärker ist. Der Auferstandene lässt sich nicht einfach mit Händen oder einem Selfie festhalten. Aber im Herzen können wir seine Gegenwart spüren.

Jesus wird als der Auferstandene immer wieder auch in unserem Leben auftauchen, um uns beim Namen zu rufen, um uns zu einem Perspektivenwandel zu ermutigen, wenn wir wieder einmal resigniert und rückwärtsgewandt leben. Er möchte uns eine neue Dimension des Lebens vor und nach dem irdischen Tod schenken.

Pastor Klaus Koltermann

Fürbitten

Jesus Christus ist auferstanden.
Damit ist uns eine neue, lebendige Hoffnung geschenkt:

In manchen Ländern müssen die Menschen wegen Krieg, Terror, Willkürherrschaft oder Naturkatastrophen täglich um ihr Leben fürchten. Viele beklagen ihre toten Angehörigen:
dass das Licht deiner Auferstehung auch ihr Leben und ihre Gräber erreicht.
(Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)

In unseren Kirchen wird uns in diesen Tagen die österliche Frohbotschaft vielfältig verkündet. Wir sind aber oft so taub dafür und unsere Erwartungen sind begrenzt:
dass das Licht deiner Auferstehung die Gräber unserer Mutlosigkeit und Erstarrung überwindet.
(Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)

In den Monaten der Pandemie ist das Leben in unseren Familien und Lebensgemeinschaften vielen Herausforderungen ausgesetzt:
dass das Licht deiner Auferstehung auch die Gräber unserer belasteten und zerbrochenen Beziehungen, Ehen und Familien erreicht.
(Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)

Die Menschen, die im Gesundheitswesen und in der Pflege arbeiten, sind oftmals bis an die Grenzen ihrer Kräfte gefordert:
dass sie die Gräber ihrer Müdigkeit und Überforderung verlassen können und neue Kraft für ihren Dienst an den Menschen finden.
(Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)

Wenn wir an diesem Osterfest wieder von deiner Auferweckung hören, vom Aufbruch und Neubeginn, dann hoffen und bitten wir, dass die Frohbotschaft auch denen gilt, die uns der Tod genommen hat:
dass unsere Verstorbenen mit dir zu einem erfüllten und glücklichen Leben gelangen.
(Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)

Herr, mit deiner Auferstehung eröffnest du uns allen den Weg in eine Zukunft,
für die es sich zu leben lohnt.
Dafür preisen wir dich und danken dir, heute und in Ewigkeit.
Amen.

31.03.2021

drucken | zurück