zurück

Gemeindebrief zum Weißen Sonntag 11.04.2021

Liebe Gemeindemitglieder,

wir begehen am Sonntag den Sonntag der Barmherzigkeit,
den Papst Johannes Paul II. eingeführt hat.

Vielen von uns ist dieser Tag jedoch noch als der Weiße Sonntag geläufiger.
Dieser Tag ist deshalb als Weißer Sonntag benannt, weil an diesem Sonntag die
(in der Osternacht) Neugetauften letztmalig die weißen Kleider getragen haben.

Damit sind sie sozusagen in das Alltagsleben entlassen worden.

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie alle nun nach dem Ende der Osterferien und den festlichen Ostertagen auch wieder Kraft getankt haben, um den kommenden Alltag zu bestehen.

Ihr
B. Michael Offer, Diakon

Kontakt über das Pastoralbüro
Conrad-Schlaun-Straße 5, 41542 Dormagen
Tel: 02133 90062
Mail: st-pankratius@dormagen-nord.de

Kyrie

Herr,
viele Menschen sind verwundet,
körperlich und seelisch.
Was wir sehen, halten wir nicht aus.
Herr, erbarme dich.

Christus,
du lässt uns deine Wunden sehen,
dein Kreuz und deine Liebe.
Gewalt und Hass nehmen kein Ende.
Christus, erbarme dich.

Herr,
du verbindest Wunden
und heilst, was verletzt ist.
Komm als Auferstandener in unsere Mitte.
Herr, erbarme dich.

1. Lesung

Lesung aus der Apostelgeschichte

Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele.

Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum,
sondern sie hatten alles gemeinsam.

Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu,
des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen.
Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt.
Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz,
brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen.

Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.

2. Lesung

Lesung aus dem ersten Johannesbrief

Schwestern und Brüder!

Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus Gott gezeugt und jeder,
der den Vater liebt, liebt auch den, der aus ihm gezeugt ist.

Daran erkennen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben:
wenn wir Gott lieben und seine Gebote erfüllen.
Denn darin besteht die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten;
und seine Gebote sind nicht schwer.
Denn alles, was aus Gott gezeugt ist, besiegt die Welt.
Und das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser Glaube.

Wer sonst besiegt die Welt, außer dem, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?
Dieser ist es, der durch Wasser und Blut gekommen ist: Jesus Christus.
Er ist nicht nur im Wasser gekommen, sondern im Wasser und im Blut.
Und der Geist ist es, der Zeugnis ablegt; denn der Geist ist die Wahrheit.

Evangelium

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!

Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.
Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.
Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch!
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen:
Empfangt den Heiligen Geist!
Denen ihr die Sünden erlasst,
denen sind sie erlassen;
denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen,
als Jesus kam.
Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen.
Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!
Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott!
Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du.
Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind.
Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist,
der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Predigt

"Aug um Aug, Zahn um Zahn" galt lange Zeit als gerechter Ausgleich, wenn Menschen einander Schaden zugefügt hatten oder an einander schuldig geworden waren.
Jesus stellte sich in der Bergpredigt zwar gegen dieses Prinzip, doch lässt es sich bis heute kaum ausrotten. Staaten mit einer modernen Rechtsordnung untersagen zwar jegliche Selbstjustiz ohne anerkannte Rechtsverfahren, der Wunsch nach Rache und Vergeltung bleibt aber als archaische Gefühlsregung in den meisten Menschen. In kriegerischen Auseinandersetzungen sind Vergeltungsschläge trotz allem Gang und Gäbe.

Umso mehr muss es verwundern, dass der Auferstandene in seiner ersten Begegnung mit seinen Jüngern Frieden ausruft und sie aussendet, Sünden zu vergeben und Barmherzigkeit zu propagieren. Er antwortet auf die Aggression seiner Verfolger, die ihn ans Kreuz gebracht haben, mit einer Vergebungskampagne. Das müssen wir uns vor Augen halten, bevor wir diesen Text aus der österlichen Situation herauslösen und zu einer Begründung der Bußpraxis in einer viel späteren Zeit verwerten. Diese ist erst Jahrhunderte später aus einer ganz anderen Theologie herausgewachsen.

Jesus ist als Messias auf einem jungen Esel in Jerusalem eingezogen und hat damit gezeigt, dass er Frieden bringen will. Das hat sich auch nach seinem gewaltsamen Tod nicht geändert, denn dauerhaften Frieden kann es nur geben, wenn Menschen einander vergeben und aufhören, sich gegenseitig die Schuld zuzuweisen.

Papst Johannes Paul II. hat den Weißen Sonntag zum Sonntag der Barmherzigkeit erklärt. Es wäre schade, wenn diese Initiative lediglich der Revitalisierung der Beichtpraxis diente. Denn das Thema Barmherzigkeit kommt aus der Mitte der Botschaft Jesu und betrifft die meisten Bereiche unseres Lebens.
Papst Franziskus hat dies in seinen Rundschreiben hervorgestrichen:
Es geht um das Zusammenleben der Völker, um Friedenspolitik, um gerechtes Wirtschaften, in dem auch ärmere Völker eine Chance bekommen.
Es geht um Rücksicht auf die kommenden Generationen und den behutsamen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.
Dass es nicht einfach ist, eine Kultur der Barmherzigkeit zu pflegen, zeigen die innerkirchlichen Konflikte um zerbrochene Ehen und Wiederverheiratung.

Jesus haucht seinen Jüngern einen neuen Geist ein und sendet sie, aus diesem Geist heraus die Welt zu gestalten. Darin liegt meines Erachtens auch die Zukunft der Mission: Christen, die den Prinzipien des Wettbewerbs, der gnadenlosen Konkurrenz und der eigenen Vorteilsnahme eine aufrichtige Atmosphäre der Barmherzigkeit entgegensetzen, können das Angesicht der Erde erneuern und eine Gegenkultur der Barmherzigkeit aufbauen.

Fürbitten

Der „ungläubige Thomas" darf seinen Finger in die Wunden Jesu legen und dabei sein Herz berühren. Er darf sehen, was er glauben kann.

Um offene Augen und Herzen bitten wir

Herr, wir kennen Menschen, die durch Gewalt verwundet sind,
die traumatische Erfahrungen machen, die sich verkriechen.

Wir rufen zu dir: Schenke uns offene Herzen

Wir wissen um Menschen, die Angst um sich verbreiten,
Hass predigen und alles unter ihre Kontrolle bringen.

Wir träumen von Menschen, die sich liebevoll um andere kümmern,
Mut zusprechen und Teufelskreisläufe ins Leere laufen lassen.

Wir fürchten um Menschen, die im Kampf mit Ungerechtigkeit ihre Kräfte verzehren,
die sich Machtspielen verweigern und für Wahrheit und Recht bereit sind, ihr Leben einzusetzen.

Wir freuen uns mit Menschen, die ihre Lebensaufgabe gefunden haben,
die andere glücklich machen und dabei ihre Freude nicht verlieren.

Der „ungläubige Thomas" sagt:
Mein Herr und mein Gott.
Hilf uns, dich zu bekennen,
Wunden zu heilen und deiner Auferstehung zu trauen im Leben und im Sterben.
Durch Christus, unserem Herrn.

Meditation

Treuer, barmherziger Gott,
dass wir auf unserem Weg einhalten konnten,
dein Wort hören und deine Verheißung mitnehmen,
ist ein Geschenk.

Wir danken dir.

Hilf uns, wenn wir wieder in unseren Alltag zurückkehren,
offene Augen, ein gutes Wort zu haben,
behutsam und liebevoll aufeinander zu achten,
Boten deiner Liebe, Zeugen deiner Auferstehung zu sein.

Dann begleiten wir andere Menschen auf ihrem Weg zu dir.

So bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn.

08.04.2021

drucken | zurück