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Gemeindebrief zum 13.06.2021 Elfter Sonntag im Jahreskreis

Einführung

Etwas für möglich halten, mit Veränderungen umgehen, einer Situation etwas Gutes abgewinnen – all das sind Dinge, die aus meiner Sicht etwas mit Hoffnung und Zuversicht zu tun haben.
Es sind Haltungen, die nicht unbedingt christlich sind.
Aber sie stehen uns Christen gut.
Aufschlussreich empfinde ich den Satz, den Paulus im zweiten Brief an die Korinther schreibt: „Wir sind immer zuversichtlich."
Gut möglich, dass uns in den letzten Monaten aufgrund der Pandemie und ihrer Begleiterscheinungen die Zuversicht ausgegangen ist.
Umso wichtiger ist es, die „innere Leuchtkraft" zu stärken und als Glaubende und Vertrauende auf diese Welt zu schauen.

Klaus Koltermann, Pfarrer
Telefon: 02133 91591
Mail: pastor.koltermann@dormagen-nord.de

Lesung aus dem Buch Ezéchiel

So spricht Gott, der Herr:

Ich selbst nehme vom hohen Wipfel der Zeder und setze ihn ein.
Einen zarten Zweig aus ihren obersten Ästen breche ich ab,
ich selbst pflanze ihn auf einen hohen und aufragenden Berg.
Auf dem hohen Berg Israels pflanze ich ihn.
Dort treibt er dann Zweige, er trägt Früchte und wird zur prächtigen Zeder.
Alle Vögel wohnen darin; alles, was Flügel hat, wohnt im Schatten ihrer Zweige.
Dann werden alle Bäume des Feldes erkennen, dass ich der Herr bin.
Ich mache den hohen Baum niedrig, den niedrigen Baum mache ich hoch.
Ich lasse den grünenden Baum verdorren, den verdorrten Baum lasse ich erblühen.
Ich, der Herr, habe gesprochen und ich führe es aus.

Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korínth

Schwestern und Brüder!

Wir sind immer zuversichtlich, auch wenn wir wissen, dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leib zu Hause sind; denn als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende.

Weil wir aber zuversichtlich sind, ziehen wir es vor, aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein. Deswegen suchen wir unsere Ehre darin, ihm zu gefallen, ob wir daheim oder in der Fremde sind. 

Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden,
damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse,
das er im irdischen Leben getan hat.

Ansprache

Einige Fragen stelle ich Ihnen heute:

Die erste Frage lautete: „Was gibt mir innere Leuchtkraft?"

Das ist eine wunderbare Frage, denn sie geht davon aus, dass ein Mensch etwas ausstrahlen kann, dass eine innere Haltung nach außen sichtbar wird.
Außerdem verweist das zusammengesetzte Wort „Leuchtkraft" auf den Zusammenhang von Leuchten und Kraft.
Erinnern Sie sich an Momente, wo Sie an anderen oder an sich selber so eine innere Leuchtkraft wahrgenommen haben?
Was waren das für Momente?
Worum ging es da?

Oft spüren wir bei begeisterten Menschen etwas von dieser Kraft.
Da sprüht jemand vor Ideen.
Da zeigt sich einer überzeugt: Das kriegen wir hin!
Da geht von jemand Stärke, Hoffnung, Überzeugungskraft aus, und das zieht andere mit. Menschen kommen in Bewegung, die Ärmel werden hochgekrempelt, frohe Stimmung liegt in der Luft. Zuversicht breitet sich aus.
Jede und jeder von uns weiß, dass das innere Leuchten nicht immer da ist. Große Belastungen können uns das Lächeln aus dem Gesicht vertreiben. Genauso können Traurigkeit und Angst das innere Leuchten sehr eintrüben. Es ist also keine Selbstverständlichkeit, dass wir innere Leuchtkraft haben und mit Zuversicht in die Zukunft schauen.

Damit bin ich nun beim Apostel Paulus angekommen:

Sein Brief an die Korinther beginnt mit den Worten: „Wir sind immer zuversichtlich."
Er sagt dies, obwohl der Satz weitergeht mit einem „auch wenn wir wissen ..." Einwände gegen die Zuversicht, gegen die Hoffnung sind Paulus sehr wohl bekannt. Paulus benennt solche Einwände. Dabei ist er geleitet von Fragen seiner Zeit: Der Herr/Jesus ist fern, er ist schon beim Vater. Die Menschen sind noch hier auf Erden und müssen mit den Herausforderungen des irdischen Lebens fertig werden. Sie sind gefordert durch den Alltag. Es gibt Ungewissheiten und das Gefühl, dass man nicht alles in der Hand hat, nicht alles lenken kann. – Dennoch spricht Paulus von dieser Grundhaltung: „Wir sind immer zuversichtlich." Woher nimmt Paulus die Kraft für diese positive Ausrichtung?

Paulus spricht davon, dass wir Christen als Glaubende unseren Weg gehen, noch nicht als Schauende. Das heißt, im Blick auf Gott und im Blick auf unsere Welt begreifen wir noch nicht alles, wissen wir noch nicht alles. Unser Verständnis und unser Überblick haben Grenzen. Wir wissen nicht nichts, aber es bleibt doch vieles ungewiss. Deshalb bezeichnet uns Paulus als Glaubende. Glaubende haben keine schlagenden Beweise in der Hand, sie brauchen immer Vertrauen.

Im Grunde sind wir in vielen Situationen unseres Lebens eher Glaubende als Schauende. Wenn ein Paar sich trauen lässt, hat es keine Gewissheit, dass immer alles gut gehen wird. Es glaubt und vertraut. Kommt ein Kind zur Welt, wird ihm kein Vertrag überreicht, was ihm zusteht. Es glaubt und vertraut den Menschen, in deren Hände es gelegt ist. – Bei jeder Entscheidung, die unsere Zukunft betrifft, brauchen wir Glauben und Vertrauen. Denn wir können nicht wissen, wie alles wird. Auch ich kenne nicht den künftigen Weg unserer Pfarrgemeinden.

Um dennoch zuversichtlich zu bleiben, spannt Paulus einen weiten Horizont auf. Er schaut über das irdische Leben hinaus. Er weiß, da kommt noch etwas. Am Ende sind alle geborgen bei Gott, oder wie er es sagt: „Daheim beim Herrn."

Was verändert dieser Blick des Paulus?
Paulus sieht sein irdisches Leben gerahmt von der größeren Wirklichkeit Gottes. Dieser größere Rahmen macht das irdische Leben zugleich bedeutender und unwichtiger.
Das menschliche Leben wird unwichtiger, weil manches, was hier auf Erden nicht gelingt und schiefläuft, am Ende in Gottes Hände gelegt wird. Von dort her ist Heilung und eine größere Gerechtigkeit zu erwarten, als wir sie hier auf Erden erleben und umsetzen wollen. Paulus sieht den Tod daher nicht als Bedrohung, sondern als Vollendung.

Zugleich macht dieser größere Rahmen der Wirklichkeit Gottes unser Leben auch wichtiger. Uns wird zugetraut, dass wir Entscheidungen für unser Handeln treffen können. Wir können wählen unter verschiedenen Alternativen, wir können ein Urteil fällen über gut und weniger gut, über „Das lasse ich besser« und »Das probiere ich". Grundsätzlich traut uns Gott diese Kompetenz zu und das finde ich sehr stark!

Was gibt mir Leuchtkraft und Zuversicht?

Kommen wir zurück zur Ausgangsfrage: „Was gibt mir innere Leuchtkraft?"

Paulus würde diese Frage vermutlich in die Worte fassen:
„Was macht mich zuversichtlich?"
Er findet seine Antwort in der Rahmung unserer Welt durch die göttliche Wirklichkeit und im Zutrauen in unsere Entscheidungen, die uns zwischen Gut und Böse unterscheiden lassen.

Was macht Sie zuversichtlich? Würden Sie dieselbe Antwort geben wie Paulus? – Wenn wir uns umschauen, dann können wir feststellen: Zuversicht oder innere Leuchtkraft entwickeln Menschen da, wo sie spüren: Diese Situation kann ich gut bewältigen. Durch meinen Einsatz, meine Kraft kann ich alles in die richtigen Bahnen lenken. Ich habe es im Griff.

Zugleich schwindet die Zuversicht, wenn wir einen großen Berg an Problemen vor uns sehen. Das entmutigt uns. Besser zurecht kommen wir, wenn wir große Probleme in kleine zerlegen und Schritt für Schritt, Punkt für Punkt die Dinge erledigen. Dann spüren wir unsere Kraft, Dann merken wir, dass wir nicht ausgeliefert sind, sondern steuern können.

Zuversicht entwickeln Menschen da, wo sie spüren: Ich stehe nicht allein auf weiter Flur. Da gibt es andere, die Anteil nehmen an mir, die zu mir gehören, die mich unterstützen. Einer, der ganz unbedingt Anteil an mir nimmt, ist Gott. Das kann mir Kraft geben. Zugleich sind die Menschen um mich herum auch nicht zu verachten. Ein gutes Wort, zuhören, Anteil nehmen – all das stärkt diese Beziehungen. Wer sich geachtet, geschätzt, ja, geliebt weiß, dem fällt Zuversicht leichter.

Was ist es noch, was die Zuversicht, die innere Leuchtkraft in uns stärken kann?
Es ist die Einsicht, dass Gottes Welt kein Standbild ist, sondern eine dynamische Entwicklung. Wo Leben ist, gibt es auch Veränderung. Wir Menschen haben die Tendenz, uns einzurichten. Wir schätzen das Berechenbare, fassen vieles in Regeln und Gesetze. Leben aber ist Entwicklung, Dynamik, Voranschreiten. Wir können darauf mit Verärgerung reagieren und versuchen, alles krampfhaft im Status quo festzuhalten. Wir können aber auch neugierig sein und versuchen, das Gute im Neuen zu entdecken. Mit dieser Haltung können wir das Schöne im Schwierigen, das Hoffnungsvolle im Zerbrechenden wahrnehmen.

Paulus möchte die Gemeinde in Korinth (und sicher auch uns heute!) mit seinen Worten ermutigen, ausrichten und aufrichten. Zuversicht ist auch heute eine wichtige Gabe. Es zeigt sich, sie fällt nicht einfach vom Himmel. Die Gabe der Zuversicht hat viel damit zu tun, wie wir auf unser Leben, unsere Welt, auf Gott schauen. Lassen wir in uns Zuversicht wachsen, dann geht auch von uns innere Leuchtkraft aus.

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus

In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge:

Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät;
dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.
Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.
Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.
Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben?
Es gleicht einem Senfkorn.
Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät.
Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.
Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten.
Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.

Fürbitten

Jesus Christus verheißt, dass Gottes Reich wächst. 

Wir freuen uns, vieles wachsen zu sehen, nehmen aber auch manches war,
wo Wachstum gehemmt und gestört ist.

Im Vertrauen auf seine Gnade bringen wir es vor Gott:

Bitten:

1. Wir bitten für politisch Verantwortliche,
die bei der Regierungsbildung oder bei der Zusammenarbeit als Regierung herausgefordert sind.
Für alle, die der Politik mit Misstrauen begegnen.
Für alle, die sich einsetzen und etwas bewegen wollen für eine bessere Zukunft für alle.
Dein Reich komme, Herr - A: dein Reich komme.

2. Wir beten für alle, deren Leben das Corona-Virus begrenzt und belastet:
für schwer Erkrankte oder solche mit langanhaltenden Folgen,
für Menschen in Ängsten, in Einsamkeit oder seelischen Belastungen,
für Menschen, die in ihrer Existenz bedroht sind,
besonders in Ländern ohne ein gutes System staatlicher Hilfe.
Dein Reich komme, Herr - A: dein Reich komme.

3. Wir bitten für die Kinder,
die ein gesichertes stützendes Umfeld brauchen, um sich gut entfalten zu können,
und für deren Schutz und Förderung wir gerade in der Kirche einstehen müssen.
Für die Kinder, die in vielen Ländern zur Kinderarbeit gezwungen sind.
Dein Reich komme, Herr - A: dein Reich komme.

4. Wir beten für Papst Franziskus, die Bischöfe
und alle, die in der Kirche Verantwortung tragen, dass Gottes Reich wachsen kann und dass neue Räume eröffnet werden für das Wachstum von Glauben und Leben aller Gläubigen.
Für alle, die in den synodalen Prozessen neue Wege suchen.
Dein Reich komme, Herr - A: dein Reich komme.

5. Für alle Menschen, die stark auf die eigene Leistung vertrauen.
Für alle, die anderen Vorbild sind.
Für alle, die mit Gelassenheit die nahende Zeit der Ernte in ihrem Leben erwarten.
Dein Reich komme, Herr - A: dein Reich komme.

Abschluss-Gebet

Wachse, Jesus, wachse in uns - im Geist und in den Herzen,
in unserer Vorstellung und unseren Sinnen.

Wachse in uns in deiner Milde, in deiner Reinheit, in deiner Demut,
deinem Eifer, deiner Liebe.

Wachse in uns in deiner Gnade, deinem Licht, deinem Frieden.

Wachse in uns zur Verherrlichung deines Vaters, zur größeren Ehre Gottes. 

Amen
(nach einem Gebet von Pierre Olivaint SJ)

Quelle Bistum Trier

11.06.2021

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