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Gemeindebrief zum 17./18.07.2021

Sechzehnter Sonntag im Jahreskreis

Bei allem, was wir tun, ist es wichtig, immer wieder innezuhalten, sich eine Pause zu gönnen und zur Ruhe zu kommen. In dieser Ruhe werde ich wieder offen für das Wesentliche, kann ich meine Beziehung zu Gott neu beleben, wenn ich mich in der Stille auf ihn einlasse.
Es gibt ganz unterschiedliche Methoden, wie Menschen abschalten können:
die einen ziehen sich tatsächlich in die Einsamkeit zurück, auf einen Berg, an einen See, ans Meer, andere brauchen den Austausch mit einem guten Freund oder einer guten Freundin, manche ziehen sich in ein Kloster zurück, andere machen sich auf einen (Pilger)Weg.
Nur wenn es mir immer wieder gut gelingt, zu mir selbst zu finden, habe ich auch die Kraft, mich auf meine Mitmenschen einzulassen, mir ihre Sorgen und Nöte anzuhören und wo es nötig ist zu helfen, so gut ich es kann.

Klaus Koltermann, Pfarrer

1. LESUNG - JER 23,1-6 Lesung aus dem Buch Jeremía.

Weh den Hirten, die die Schafe meiner Weide zugrunde richten und zerstreuen –
Spruch des Herrn.
Darum – so spricht der Herr, der Gott Israels, über die Hirten, die mein Volk weiden:
Ihr habt meine Schafe zerstreut und sie versprengt und habt euch nicht um sie gekümmert. Jetzt kümmere ich mich bei euch um die Bosheit eurer Taten –
Spruch des Herrn.
Ich selbst aber sammle den Rest meiner Schafe aus allen Ländern, wohin ich sie versprengt habe. Ich bringe sie zurück auf ihre Weide und sie werden fruchtbar sein und sich vermehren. Ich werde für sie Hirten erwecken, die sie weiden, und sie werden sich nicht mehr fürchten und ängstigen und nicht mehr verloren gehen –
Spruch des Herrn.
Siehe, Tage kommen —
Spruch des Herrn —,
da werde ich für David einen gerechten Spross erwecken.
Er wird als König herrschen und weise handeln und Recht und Gerechtigkeit üben im Land. In seinen Tagen wird Juda gerettet werden, Israel kann in Sicherheit wohnen.
Man wird ihm den Namen geben: Der Herr ist unsere Gerechtigkeit.

2. LESUNG - EPH 2,13-18 Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Éphesus.

Schwestern und Brüder!

Jetzt seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart, in Christus Jesus, nämlich durch sein Blut, in die Nähe gekommen. Denn er ist unser Friede.
Er vereinigte die beiden Teile – Juden und Heiden – und riss die trennende Wand der Feindschaft in seinem Fleisch nieder.
Er hob das Gesetz mit seinen Geboten und Forderungen auf, um die zwei in sich zu einem neuen Menschen zu machen.
Er stiftete Frieden und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib.
Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet.
Er kam und verkündete den Frieden: euch, den Fernen, und Frieden den Nahen.
Denn durch ihn haben wir beide in dem einen Geist Zugang zum Vater.

EVANGELIUM - MK 6,30-34 Aus dem hl. Evangelium nach Markus.

In jener Zeit versammelten sich die Apostel, die Jesus ausgesandt hatte, wieder bei ihm und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.

Da sagte er zu ihnen:
Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus!
Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. Aber man sah sie abfahren und viele erfuhren davon; sie liefen zu Fuß aus allen Städten dorthin und kamen noch vor ihnen an. Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. 

Und er lehrte sie lange.

Ansprache

Urlaubsstimmung.
Auch bei Jesus? „Kommt mit an einen einsamen Ort, ruht ein wenig aus!" sagt Jesus zu seinen Jüngern. Er lädt sie ein, mit ihm „Urlaub" zu machen – so wie es in diesen Wochen vermutlich Millionen Menschen tun: einfach einmal raus, an einen mehr oder weniger einsamen Ort. Manche genießen im Urlaub die Stille der Berge oder den leeren Strand in den Morgen- oder Abendstunden. Da kann man wirklich abschalten, entspannen, den Kopf frei bekommen. Und, das macht das Evangelium ja deutlich: Wir Menschen brauchen das. Dass wir uns einfach einmal rausnehmen aus unserem Alltag, aus dem Vielerlei. Wir brauchen Zeit für Reflexion, zum Ausruhen, auch zum Alleinsein, zur Entspannung. Die Gefahr ist sonst groß, auszubrennen.

Überlastungsdepression, „Burnout" – das sind Schlagwörter unserer Zeit. Immer mehr Menschen leiden darunter, brechen zusammen, weil sie eben gerade nicht mehr abschalten können, nicht einmal mehr zuhause: Erreichbarkeit rund um die Uhr, Homeoffice ... Da tut es gut, dass uns heute im Evangelium Jesus selbst die Erlaubnis oder sogar eine Anweisung gibt, auch einmal kürzer zu treten.
Ja, dass er uns zeigt: Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn man sich auch einmal eine Auszeit gönnt. Im Gegenteil – er selbst braucht eine Auszeit: „Sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen!"

Nun gibt es genug Menschen, die sich nicht so einfach einen Urlaub nehmen können. Manche können sich einen richtigen Urlaub einfach finanziell gar nicht leisten, zumal nach dem Corona-Jahr, das viele richtig gebeutelt hat. Andere tragen Verantwortung für Angehörige, die sie pflegen und nicht allein lassen können, andere sind selbst so krank und angeschlagen, dass sie nicht fortkönnen. Aber darum geht es letztlich auch nicht. Jesus sagt ja nicht: ihr müsst mindestens 500 Kilometer von zuhause weg sein. Ihr müsst euch in ein Vier-Sterne-Luxus-Wellnesshotel zurückziehen und richtig verwöhnen lassen. Schön, wenn einer sich das erlauben kann. Aber das muss es gar nicht sein.
Es geht einfach darum, einmal Abstand zu bekommen vom Alltag.
Sich eine Auszeit zu nehmen, um auf ganz andere Gedanken zu kommen.
Das wünsche ich mir für die vielen, die zu Hause bleiben.

Schließlich habe ich manchmal das Gefühl, dass für viele Menschen der Urlaub ein ganz eigener Stress sein kann. Nach dem Motto: Ich muss in den wenigen Tagen, die ich habe, möglichst viel erleben. Da werden dann die aufregendsten Abenteuerurlaube geplant, mit einem Programm, bei dem man am Ende erst einmal zwei Wochen braucht, um wieder in einen normalen Rhythmus zu kommen. Man will in der kurzen Urlaubszeit so viel wie möglich erleben. So viel mitnehmen, wie nur geht. Jesus lädt die Jünger ein, sich mit ihm in die Einsamkeit zurückzuziehen, an einen Ort, wo sie allein sind. Manchmal denke ich, für nicht wenige Menschen heute ist das eher eine Horrorvorstellung: ein einsamer Ort, einfach allein sein. Ruhe. Es gibt ja heute kaum noch ein Ferienhotel, dass nicht „Entertainment" – ein Unterhaltungsprogramm rund um die Uhr – anbietet. Hauptsache, ich langweile mich nicht. Hauptsache, ich bin permanent abgelenkt, unterhalten, beschäftigt. Das aber ist genau das Gegenteil dessen, wozu uns Jesus auffordert.

Vielleicht ist das heutige Evangelium ein Anlass, dass wir uns einmal fragen:
Halte ich das überhaupt aus? Einsamkeit, einmal nur mit mir zu sein?
„Einsamkeit", das hat in unserer Gesellschaft einen extrem negativen Klang. Das ist ein trauriger Zustand, der schleunigst abgeschafft gehört. Aber das ist Quatsch. Natürlich, wenn ich permanent einsam bin, dann stimmt etwas nicht in meinem Leben. Aber wenn ich es umgekehrt gar nicht aushalten kann, mich ab und zu in die Einsamkeit zurückzuziehen, auch einmal allein sein zu können mit mir, dann stimmt auch etwas nicht. Es braucht beides: Gemeinschaft, eingebunden sein in das menschliche Miteinander, auch gefordert sein durch das geschäftige Treiben unseres Alltagslebens, aber eben auch ab und zu die Auszeit, in der ich mich in die Einsamkeit zurückziehe, um mit etwas Abstand auf mein Leben zu schauen, meinen Alltag. Um zu schauen, ob ich noch in der Spur bin und um mich innerlich neu auszurichten.

Wie diese Balance gut gelingen kann, dazu gibt das Evangelium einen Hinweis: Jesus lädt die Jünger ein, dass sie sich mit ihm in die Einsamkeit zurückziehen. Es geht also nicht darum, dass ich mich wie ein Einsiedler von allen absondern soll. Es geht um den Abstand vom Alltag und um die Möglichkeit, mit guten Freunden auch einmal reflektieren zu können. Es geht darum, die Beziehungen zu pflegen, die mich tragen. Und vor allem: Es geht auch darum, diese Auszeit mit Jesus zu verbringen. Denn auch das kommt in der Geschäftigkeit des Alltags manchmal zu kurz: Gott. Wie oft geht es uns – auch mir als Pastor – so, dass in der Hektik des Alltagsgeschäfts wenig Zeit ist für das Gebet, für die Betrachtung, für Gott. Ich habe es da wahrscheinlich noch etwas leichter, weil ich mir durch die Gottesdienste, die Predigtvorbereitung, die Verpflichtung zum Breviergebet quasi als Amtspflicht jeden Tag auch Zeiten für das Gebet und den Gottesdienst nehmen muss und darf. Aber wie schnell geht das unter: sich Zeit nehmen für Gott. Auch dafür sind solche Auszeiten wichtig: um sich bewusst Zeit zu nehmen, sie mit Gott zu verbringen, im Gebet, im Gottesdienst. Nicht, weil ich mich als Christ verpflichtet fühle, sondern weil es einfach unglaublich guttut, einmal Zeit mit Jesus zu verbringen. Und es schenkt innere Kraft und Ruhe. Am Ende ist jeder Urlaub immer zu kurz. Auch diese Erfahrung macht Jesus. Kaum hat er sich mit den Jüngern zurückgezogen, schon haben ihn die Menschen mit ihren alltäglichen Problemen auch wieder eingeholt. Urlaub ist immer viel zu schnell vorbei. Aber es kommt nicht auf die Länge an, sondern die Intensität. Die zeigt sich darin, ob es wirklich gelingt, Abstand vom Alltag zu bekommen, Einsamkeit im guten, heilsamen Sinn zu erreichen, und eben auch sich Zeit nehmen zu können für die Begegnung mit Gott.

Fürbitten

Gott begleitet unser Leben in guten und in schweren Zeiten.
In großer Sorge, aber auch voller Hoffnung bringen wir unsere Bitten vor Gott.

Bitten:

1.
Für alle, die von dem extremen Wetter betroffen sind,
für jene, die im Hochwasser Haus, Hab und Gut verloren haben
und nicht wissen, wie es weitergehen soll.
- Kurze Stille - V: Du Gott-mit-uns: - A: Wir bitten dich erhöre uns

2.
Für die vielen Menschen, die durch die Fluten ums Leben gekommen sind
und für alle, die mit ihrer Trauer um sie hilflos zurückbleiben.
Für die vielen Vermissten und alle, die nach ihnen suchen.
- Kurze Stille - V: Du Gott-mit-uns: - A: Wir bitten dich erhöre uns

3.
Für die Helfer der Rettungsdienste und alle,
die im unermüdlichen Einsatz den betroffenen Menschen beistehen,
für alle, die bei der Hilfe bis an ihre Grenzen gehen
und für die, die im Einsatz verletzt wurden oder gestorben sind.
- Kurze Stille - V: Du Gott-mit-uns: - A: Wir bitten dich erhöre uns

4.
Für die Politiker und Politikerinnen,
die Europa in eine klimafreundliche Zukunft führen wollen;
für alle, denen die geplanten Maßnahmen nicht weit genug gehen,
und für die, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben oder Preissteigerungen fürchten.
- Kurze Stille - V: Du Gott-mit-uns: - A: Wir bitten dich erhöre uns

5.
Wir beten für die Menschen im Süden von Afrika,
die von Gewaltausbrüchen bedroht sind;
für die, die wegen der anhaltenden Dürre vor einer Hungersnot stehen;
und für alle, die sich für eine gerechte Verteilung aller Güter einsetzen.
- Kurze Stille - V: Du Gott-mit-uns: - A: Wir bitten dich erhöre uns

6.
Wir beten für alle, die sich nach einer Pause vom Arbeits- und Schul-Alltag sehnen,
um ein wenig auszuruhen;
für alle, die es auch in ihrer Freizeit schwer haben, sich zu entspannen
und für die Menschen, die zu Hause bleiben, statt eine Urlaubsreise zu machen.
- Kurze Stille - V: Du Gott-mit-uns: - A: Wir bitten dich erhöre uns

Abschluss-Gebet

Unsere Bitten,
unsere und der Menschen Nöte und Ängste bringen wir vor dich,
du Gott-mit-uns. 

Stärke uns, wo unsere Kraft nicht ausreicht und lass uns spüren,
dass du uns trägst und hältst, jetzt und in Ewigkeit.

Amen

Quelle Bistum Trier

16.07.2021

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