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82. Gemeindebrief Christkönig

Einführung

Das Kirchenjahr ist kein Geschäftsjahr.
Es kennt einen eigenen Rhythmus.
Das gibt uns in den Gottesdiensten der letzten „grünen" Woche Gelegenheit zu „ziemlich letzten Fragen" und zur Besinnung, ob dieses Kirchenjahr für uns ein „Jahr des Heils" geworden ist.

Sind wir Ihm entgegengewachsen?
Hat uns der mehr oder weniger regelmäßige Empfang der Eucharistie,
das Hören auf „Die Botschaft heute" gewandelt?
Oder blieb alles beim Alten?
Bin ich müde geworden und stecken geblieben in der Zeit?
War es erfüllte Zeit oder blieb sie leer, wurde vielleicht müde verlebt
oder totgeschlagen?
Habe ich mich im Status quo eingerichtet oder hat mir die Dynamik des Kirchenjahres Beine gemacht?
Für wen bin ich dankbar, der mir erstmals oder heilsam begegnet ist?
Wurde uns im vergangenen „Jahr des Heils" das Markus-Evangelium
zum Wegweiser?
Oder kommt es alle drei Jahre zur Wiederkehr des Gleichen?

Es wäre schade, wenn die besondere Zeit der kommenden Woche einfach versandet. Sie ist Ausklang und Übergang, Rückblick und Ausblick, erneutes Einstimmen und Aufbruch auf den zu, der uns adventlich entgegenkommt. Das Ende des Kirchenjahres ist aus meiner Sicht ein Pilgern durch die Zeit ins Offene, dem Haus des barmherzigen Vaters entgegen.

Pfarrer Klaus Koltermann

Lesung aus dem Buch Daniel.

Daniel sagte:

Ich schaute in meiner Vision während der Nacht und siehe:

Da kam mit den Wolken des Himmels einer wie ein Menschensohn.
Er gelangte bis zu dem Hochbetagten und wurde vor ihn geführt.
Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben.
Alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm.
Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft.
Sein Reich geht niemals unter.

Lesung aus der Offenbarung des Johannes.

Jesus Christus ist der treue Zeuge,
der Erstgeborene der Toten,
der Herrscher über die Könige der Erde.

Ihm, der uns liebt und uns von unseren Sünden erlöst hat durch sein Blut,
der uns zu einem Königreich gemacht hat und zu Priestern vor Gott, seinem Vater:
Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit.
Amen.

Siehe, er kommt mit den Wolken und jedes Auge wird ihn sehen,
auch alle, die ihn durchbohrt haben;
und alle Völker der Erde werden seinetwegen jammern und klagen.
Ja, Amen.

Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr,
der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung.

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

In jener Zeit fragte Pilatus Jesus:
Bist du der König der Juden?

Jesus antwortete:
Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt?

Pilatus entgegnete:
Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?

Jesus antwortete:
Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.
Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.

Da sagte Pilatus zu ihm:
Also bist du doch ein König?

Jesus antwortete:
Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.

GEDANKEN ZUM EVANGELIUM

Die Brillenträger unter Ihnen, so wie ich auch, werden das kennen: wenn man die Brille absetzt, zum Beispiel zum Putzen, dann kann ich vieles nur verschwommen sehen: die großen Gebäude, Straßenzüge oder auch Menschen. Erst wenn ich die Brille wieder aufsetze, erkenne ich genauere Details, kann Nuancen wahrnehmen und Menschen sicher erkennen und ansprechen.

Dieses Bild hilft mir an diesem Sonntag, mich einem biblischen Text zu nähern und seine Botschaft zu entschlüsseln. Schauen wir also zunächst einmal ohne Brille auf den Text des Evangeliums. Wir haben eine Gerichtsszene vor uns, in der der Richter im Gespräch mit dem Angeklagten den Anklagepunkt untersucht. Erinnern wir uns: den Juden war es nicht erlaubt einen Menschen hinzurichten. Daher suchen sie einen Anklagepunkt und finden ihn in der Behauptung: Jesus habe von sich gesagt, der neue König der Juden zu sein. Dadurch würde er direkt die Autorität des römischen Kaisers angreifen. Das bedeutet in den Augen der Römer Hochverrat und damit Verurteilung zum Tod.

Deshalb beginnt hier auch unser Abschnitt mit der Frage des Pilatus: „Bist du der König der Juden?" Am Ende des Textes steht dann das scheinbare Geständnis des Angeklagten: „Du sagst es, ich bin ein König!"

Wenn ich nun aber die Brille aufsetze und genauer in den Text schaue, dann kann ich deutlicher sehen, was auf den ersten Blick nicht unbedingt zu erkennen ist. Jesus ist ein König, aber auf eine ganz andere Weise, zu der Pilatus in seinem Weltverständnis keinen Zugang hat:
- Der Herr nutzt keine weltlichen Machtmittel;
  er fordert seine Jünger nicht auf, die Waffen zu ziehen und für ihn zu kämpfen.
- Denn er sieht sich nicht als Herrscher, der sein Volk unterdrückt oder als ein
  Mächtiger, der seine Macht über die Menschen missbraucht (vgl. Mk 10,42).
- Christus gibt der Macht seines Königtums eine andere Gestalt:
  es ist nicht von hier, von dieser Welt. Seine Vollmacht ist göttlichen Ursprungs
  und sein Königtum dient dazu, für die Wahrheit Zeugnis abzulegen.

Das bedeutet aber nicht, dass sein Königtum den Mächtigen dieser Welt nicht gefährlich werden kann. Nur eben auf eine ganz andere Art und Weise.
Die Wahrheit, die er zu bezeugen hat, ist Gottes Gegenwart unter den Menschen.
Eine Gegenwart, die sich als vergebende Liebe offenbart. Eine Liebe, die die Machtstrukturen dieser Welt überwindet und sie in das Reich Gottes hinein verwandelt. In diesem Verhör begegnen sich zwei in ihrem ganzen Wesen verschiedene Welten: Die Welt der Stärke, der Macht und Unterdrückung und die Welt der sich verschenkenden und vergebenden Liebe Gottes.

Mit der Himmelfahrt des Herrn und seinem Fortgang aus der Welt hat er dieses Zeugnis in die Verantwortung seiner Jünger und Jüngerinnen gegeben, die mit dem Beistand und in der Kraft des Heiliges Geistes, des „Geistes der Wahrheit" diese Verantwortung verwirklichen sollen und können.

Dabei sind aber nicht nur in der langen Geschichte unserer Kirche Christen und Christinnen immer wieder der Versuchung erlegen, das Reich Gottes mit den Mitteln weltlicher Macht und Herrschaft aufzurichten. Dieser Gefahr sind wir, insbesondere auch die Entscheidungsträger der Kirche, auch in der Gegenwart ständig ausgeliefert.
Wir beobachten deutlich, dass eine uns lieb gewordene soziale Gestalt von Kirche definitiv zu Ende geht. Ohne dass wir schon genau wüssten, wie unsere Gemeinden und damit auch die Kirche in unserem Land zukünftig aussehen werden. Wir suchen oft danach, indem wir auch miteinander ringen und streiten. Wie groß ist da oft die Gefahr, die Arbeit in den dafür zuständigen Gremien nach weltlichen Maßstäben zu organisieren als sie vielmehr als einen „Raum der Wahrheit des Hl. Geistes" zu verstehen, wie Papst Franziskus z.B. die Familiensynode verstanden hat.

Schauen wir zum Abschluss noch einmal in die Frohe Botschaft des heutigen Sonntags hinein. „Jeder, der aus der Wahrheit ist", so sagt Jesus zu Pilatus, „hört auf meine Stimme!" Diese Dimension des Königtums Christi, kann allerdings nur der erfassen, der selbst aus der Wahrheit ist und damit seinen letzten Ursprung in Gott hat. Pilatus konnte zu diesem Verständnis des Königtums Christi überhaupt keinen Zugang finden, weil er selbst nicht aus dieser Wahrheit lebte. Christus lädt uns ein „auf seine Stimme zu hören" und uns so tiefer in Gott hinein zu verwurzeln. Dann können wir immer mehr die Machtstrukturen dieser Welt durch Gottes vergebende und verschenkende Liebe überwinden und zu einer neuen Kultur des Lebens beitragen. Ein Leben, in dem Christus der wahre „König der Welt" ist.

Sonntag, 21. November 2021 Letzter Sonntag im Jahreskreis – Christkönigs-Sonntag

Einleitung:

Jesus bezeichnet sich als König, dessen Reich nicht von dieser Welt ist.

Seine Macht zeigt er in völliger Ohnmacht.

Zu ihm beten wir.

Bitten

1. Wir beten für die Menschen an der Grenze zwischen Belarus und Polen;
für die Helferinnen und Helfer, die die Menschen mit dem Notwendigsten versorgen, für die Menschen auf der Flucht, die zum Spielball der Mächtigen werden,
und für die, deren Hoffnungen an solchen Grenzen enden.
V: Jesus Christus, dir vertrauen wir diese Menschen an. –
A: Wir bitten dich, erhöre uns.

2. Wir beten für die Politikerinnen und Politiker,
die an einer neuen Regierung für unser Land arbeiten;
für alle, denen das Wohl der Menschen am Herzen liegt
und die sich weniger von politischem Kalkül leiten lassen,
und für alle, die unsere Demokratie vor Bedrohungen schützen.
V: Jesus Christus, dir vertrauen wir diese Menschen an. –
A: Wir bitten dich, erhöre uns.

3. Wir beten für die Menschen,
denen die vierte Corona-Welle zu schaffen macht;
für alle, die auf den Intensivstationen bis an die Grenzen ihrer Kräfte arbeiten,
für alle, die müde und ausgelaugt sind:
und für die Menschen, die ihre bisherige Haltung zur Impfung überdenken
und einen Termin wollen.
V: Jesus Christus, dir vertrauen wir diese Menschen an. –
A: Wir bitten dich, erhöre uns.

4. Wir beten für die Menschen,
die von Mitarbeitern der katholischen Kirche sexualisierte Gewalt erlitten haben.
Für die vielen, die bis zum heutigen Tag sprachlos geblieben sind,
für die, die mit ihrem Leid gesehen und gehört werden wollen.
Und für alle, die zum Schutz der Kinder und Jugendlichen auch in der Kirche aufmerksamer miteinander umgehen als früher.
V: Jesus Christus, dir vertrauen wir diese Menschen an. –
A: Wir bitten dich, erhöre uns.

5. Wir beten für die Menschen,
die mutig an einem Wandel in unserer Kirche mitarbeiten,
damit sie Botin der Liebe bleibt;
für alle, die hoffnungsvolle Aufbrüche sehen und schätzen,
für diejenigen, die angesichts der starren Strukturen mutig bleiben;
und für die, die an keine Erneuerung mehr glauben.
V: Jesus Christus, dir vertrauen wir diese Menschen an. –
A: Wir bitten dich, erhöre uns.

6. Wir beten für die Menschen,
die vom Tod eines Angehörigen betroffen sind;
für die, die gerade jetzt besonders sensibel sind,
für alle, die darum ringen, die Realität zu akzeptieren,
und für alle, die ihre Trauer nicht zulassen können.
V: Jesus Christus, dir vertrauen wir diese Menschen an. –
A: Wir bitten dich, erhöre uns.

Abschluss-Gebet

Zu dir beten wir und auf dich hoffen wir.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Quelle Bistum Trier

19.11.2021

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