zurück

Zweiter Sonntag nach Weihnachten 02.01.2022

Einführung

Ein jüdischer Rabbi fragt:
„Kann man den Augenblick bestimmen, wo die Nacht zu Ende ist und der Tag anbricht?"
Der erste Schüler sagt:
„Ist's, wenn man in der Ferne einen Feigenbaum von einer Palme unterscheiden kann?"
„Nein", sagt der Weise, „das ist's nicht."
Da fragt der zweite: „Ist's dann, wenn man ein Schaf von einer Ziege unterscheiden kann?"
„Nein", sagt der Weise „das ist es nicht."
„Aber wann ist dann dieser Augenblick gekommen?" fragte der dritte Schüler.
„Nun", antwortete der Weise „Wenn du in das Gesicht eines Menschen schaust und darin den Bruder oder die Schwester entdeckst. Dann ist die Nacht zu Ende, dann bricht der Tag an."
In seinem menschgewordenen Sohn schaut Gott uns auch insbesondere zu Beginn des Neuen Jahres an, auf dass es bei uns immer wieder Tag werde. Es ist die hoffnungsvolle Weihnachtsbotschaft, die uns allen gilt! Gott will in seinem menschgewordenen Wort unter uns wohnen und uns Anteil geben an seinem Leben.

Pastor Klaus Koltermann

 

1. LESUNG - SIR 24,1-12 Ungekürzte Fassung; Lesung aus dem Buch Jesus Sirach:

Die Weisheit lobt sich selbst und inmitten ihres Volkes rühmt sie sich.
In der Versammlung des Höchsten öffnet sie ihren Mund und in Gegenwart seiner Macht rühmt sie sich:

Ich ging aus dem Mund des Höchsten hervor und wie Nebel umhüllte ich die Erde.
Ich schlug in den Höhen mein Zelt auf und mein Thron stand auf einer Wolkensäule.
Den Kreis des Himmels umschritt ich allein und in der Tiefe der Abgründe ging ich umher. Auf den Wogen des Meeres und auf der ganzen Erde, in jedem Volk und in jeder Nation hatte ich Besitz. Bei all diesen suchte ich Ruhe und in wessen Erbteil ich verweilen kann.

Da gebot mir der Schöpfer des Alls, der mich schuf,
ließ mein Zelt einen Ruheplatz finden.
Er sagte: In Jakob schlag dein Zelt auf und in Israel sei dein Erbteil!
Vor der Ewigkeit, von Anfang an,
hat er mich erschaffen und bis in Ewigkeit vergehe ich nicht.
Im heiligen Zelt diente ich vor ihm, so wurde ich auf dem Zion fest eingesetzt.
In der Stadt, die er ebenso geliebt hat, ließ er mich Ruhe finden,
in Jerusalem ist mein Machtbereich, ich schlug Wurzeln in einem ruhmreichen Volk,
im Anteil des Herrn, seines Erbteils.

2. LESUNG - EPH 1,3-18 Ungekürzte Fassung; Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesus.

Gepriesen sei Gott,
der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Grundlegung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor ihm.
Er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und zu ihm zu gelangen nach seinem gnädigen Willen, zum Lob seiner herrlichen Gnade.
Er hat sie uns geschenkt in seinem geliebten Sohn.
In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade.
Durch sie hat er uns reich beschenkt, in aller Weisheit und Einsicht, er hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan, wie er es gnädig im Voraus bestimmt hat in ihm.
Er hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, das All in Christus als dem Haupt zusammenzufassen, was im Himmel und auf Erden ist, in ihm.
In ihm sind wir auch als Erben vorherbestimmt nach dem Plan dessen, der alles so bewirkt, wie er es in seinem Willen beschließt;
wir sind zum Lob seiner Herrlichkeit bestimmt,
die wir schon früher in Christus gehofft haben.
In ihm habt auch ihr das Wort der Wahrheit gehört,
das Evangelium von eurer Rettung;
in ihm habt ihr das Siegel des verheißenen Heiligen Geistes empfangen,
als ihr zum Glauben kamt.
Der Geist ist der erste Anteil unseres Erbes, hin zur Erlösung,
durch die ihr Gottes Eigentum werdet, zum Lob seiner Herrlichkeit.
Darum höre ich nicht auf, für euch zu danken, wenn ich in meinen Gebeten an euch denke; denn ich habe von eurem Glauben an Jesus, den Herrn, und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört.
Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt.
Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt.

EVANGELIUM - JOH 1,1-18 Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes:

Im Anfang war das Wort
und das Wort war bei Gott
und das Wort war Gott.
Dieses war im Anfang bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt;
sein Name war Johannes.
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht,
damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden,
aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.
Johannes legt Zeugnis für ihn ab und ruft:
Dieser war es, über den ich gesagt habe:
Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war.
Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade.
Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben,
die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
Niemand hat Gott je gesehen.
Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.

Predigt

Am Anfang war das Wort", so beginnt das Evangelium des Johannes und die Worte sind uns wohl vertraut. „Am Anfang war ..." - gibt es da nicht noch eine andere Aussage der Schrift, die genau so beginnt? Natürlich, die ersten beiden Wörter unserer Bibel sind gleichlautend: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde."
Gott schafft am Anfang und das Wort war am Anfang.
Was nun?
Kann es denn unterschiedliche Anfänge geben?
Wohl kaum!
Gottes Schaffen und die Menschwerdung des Wortes müssen folglich aufs engste miteinander zusammenhängen. Dieser Jesus von Nazaret, so will uns Johannes gleich zu Beginn seines Evangeliums deutlich machen, ist kein anderer als der, der von Ewigkeit her bei Gott Vater ist und durch den alle Welt geworden ist.
Mehr noch: Durch ihn wird auch alles vollendet werden.

„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde" und er schafft, indem er spricht: „Es werde." Gott schafft durch sein Wort. Erleben wir nicht immer wieder, dass Worte etwas Neues schaffen können, dass sie die Kraft haben, Wirklichkeit zu verändern? Worte können nicht zurückgenommen werden, weil, sind sie erst einmal ausgesprochen, nichts mehr so ist wie zuvor. Worte können eine ganze Welt zum Einsturz bringen oder neue Perspektiven eröffnen. In der Pandemie war das hautnah zu erfahren. War das Wort „positiv" oder „negativ" nach einem Corona-Test ausgesprochen, war die Situation schlagartig eine andere: Entweder stellte sich Erleichterung ein oder aber eine schlimme Befürchtung. Worte haben Wirkung, sie können uns mitten ins Herz treffen, uns anrühren und mit Freude erfüllen oder uns verärgern und zutiefst verletzen. Wirkmächtig ist auch Gottes Wort. Es kehrt nicht leer zu Gott zurück, heißt es bei Jesaja, „bis es alles vollbracht hat, was ich will, und Gelingen hat in dem, wozu ich es sende." Wenn schon unsere Worte die Kraft haben, Wirklichkeit zu verändern, wie viel mehr hat dann Gottes Wort die Macht, Wirklichkeit zu stiften? Der Evangelist Johannes hat keinen Zweifel: „Alle Dinge sind durch [Gottes Wort] gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist."

Aber stimmt das wirklich?
Lehrt uns die Naturwissenschaft nicht etwas völlig anderes?
Heißt es da nicht, am Anfang war der Urknall?
Was war nun am Anfang - Wort oder Urknall?
Durch wen oder was ist alles geworden?

Eine Spannung oder gar ein Gegensatz tut sich nur auf, wenn wir die Worte der Heiligen Schrift falsch verstehen. Verwenden wir das Wort Anfang nicht auch in unterschiedlichen Bedeutungen? Beispielsweise steht am Anfang eines Hausbaus der Erdaushub. Wenn wir aber davon sprechen, dass am Anfang eine reiche Erbschaft stand, bringen wir zum Ausdruck, dass dies dem ganzen Vorhaben zugrunde liegt und es ohne diesen Nachlass kein Haus geben würde. Das Haus verdankt sich, so lange es steht, einem großzügigen Erbe.

So ist es auch, wenn die Bibel vom Anfang spricht. Auch hier handelt es sich um keine Zeitaussage, sondern um eine Bezugnahme, die für unseren Glauben zentral ist. Am „Anfang war Beziehung" beschreibt der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber zu Recht. Es geht um das, was allem anfänglich, als andauernd, als Voraussetzung, als Grund und Bedingung zugrunde liegt. Dass Welt ist, dass wir sind, dass es überhaupt etwas gibt, das verdankt sich Gottes Wort. Er sagt Ja zu uns, zu dir und mir, zu deiner und meiner Welt. Und dieses Ja spricht er zu uns nicht nur an einem anfänglichen Augenblick, sondern fortwährend. Gott steht in einer andauernden Beziehung zu uns. In der Schöpfung drückt sich Gott selbst aus, in ihr spricht er uns an. Er schenkt uns sein Wort durch den Nächsten, der mich herausfordert, durch die Natur, die mich einbindet, durch meinen Geist, der mich nachdenklich werden lässt.

„Am Anfang war das Wort" - anfangs, anfänglich, ursprünglich, fortwährend und unaufhörlich spricht Gott. Gott ist aus meiner Sicht eine „Hintergrundstimme", die unsere Wirklichkeit trägt und durchdringt, auf mein Leben einwirkt, auf unsere Geistregungen und Kultur Einfluss nimmt und sich durch unser Menschenwort zu Wort meldet, bis es selbst Mensch wird in Jesus Christus. Wenn das stimmt, dann müssten wir versuchen, im Gewöhnlichen das Wunderbare zu entdecken, Gottes Anruf an uns inmitten seiner Schöpfung herauszuhören. Nicht von ungefähr ist der Kerngedanke christlicher Mystik die Allgegenwart Gottes. Besonders Ignatius von Loyola wusste Gott in allen Dingen anwesend. Darum bemühte er sich auch in seiner mystischen Grundausrichtung, Gott in allen Dingen zu suchen.

Gott steht uns nicht als der ganz andere gegenüber, er ist inmitten dieser Welt und mitten in mir. Auf ihn stoßen wir, wenn wir den Dingen und unserem Leben auf den Grund gehen. Dann erkennen wir, dass es uns gibt, dass wir uns nicht uns selbst verdanken, sondern dem Schöpfergott. Er sagt Ja zu uns und spricht uns an in seinem Wort. Darum können wir unser Leben auch nur leben, indem wir Antwort geben auf das, was uns herausfordert, auf das, was uns widerspricht, und auf das, was uns anspornt und Hoffnung verleiht.

Am Anfang aller Zeit war der Urknall. Doch das, was ihm und all dem, was ist, zugrunde liegt, ist Gottes schöpferisches Wort. Es ist ein positives Wort, ein Wort, das schafft und das Geschaffene bejaht. Was es mit diesem Wort genau auf sich hat, erkennen wir, wenn wir auf Jesus blicken, dessen Geburt wir heute feiern. Als Mensch unter Menschen ist er auch mit mir eins geworden und er flüstert mir ins Ohr: Du bist gewollt und geliebt, wirst getragen und geführt. Gottes Wort hält, was es verspricht. Weil Gott treu ist, kann sich sein Ja nicht in ein Nein verwandelt. Sein Ja schafft Leben, das über allem erhaben ist und dem selbst die Finsternis nichts anhaben kann. „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht ergriffen."

Das ist kein billiger Trost, schon gar keine hohle Vertröstung, es ist die einzige Deutung, die unserem Leben Sinn verleiht und Kraft zum Leben schenkt. Denn was Johannes an den Anfang seines Evangeliums stellt, ist die eine große Zusage: Was Gott durch sein Wort geschaffen hat, wird durch sein Wort auch vollendet werden, komme, was da wolle. Sein Ja zu uns und unserer Welt ist unverbrüchlich.

Somit wünsche ich Ihnen einen gesegneten Anfang für das Neue Jahr 2022!

Pastor Klaus Koltermann

Freitag, 31. Dezember 2021 Jahresende / Neujahr - Oktavtag Weihnachten

Einleitung:

Am Ende des Jahres / Am Beginn des Neuen Jahres
lasst uns dankbar zurückblicken und mit Zuversicht nach vorn.
Unser Leben und die ganze Welt sind in Gottes Hand.
Ihm vertrauen wir uns und alle Menschen an:

Bitten:

1. Wir vertrauen dir die Menschen an
im Jémen, in Afghanistan, im Sudan und in Belarus –
und wo sonst auf der Welt Krieg, Terror und Gewalt herrschen:
Mit ihnen hoffen wir auf Frieden und Gerechtigkeit.
- kurze Stille - V/A: Gott, wir bitten für sie.

2. Wir beten für Frauen, Männer und Kinder,
die heute auf der Flucht sind;
wir bitten für die Menschen in den Katastrophengebieten,
die im vergangenen Jahr Überflutungen oder Stürme,
Vulkanausbrüche, Erdbeben oder Dürre erlitten haben –
und für alle, die Menschen in Not helfen.
- kurze Stille - V/A: Gott, wir bitten für sie.

3. Wir vertrauen dir erkrankte Menschen an:
die akut und die chronisch Kranken, lebensbedrohlich Erkrankte;
und auch alle, die in Krankenhäusern und Intensivstationen,
in Heimen und Pflegediensten, Praxen und Laboren
für sie und uns im Einsatz sind.
- kurze Stille - V/A: Gott, wir bitten für sie.

4. Wir beten für alle,
die von den Folgen der Corona-Pandemie besonders betroffen sind,
wirtschaftlich oder seelisch belastet,
ängstlich angesichts unerwarteter Entwicklungen
oder genervt über die angeordneten Maßnahmen.
- kurze Stille - V/A: Gott, wir bitten für sie.

5. Wir vertrauen dir alle Menschen an,
die sich kümmern und einsetzen und ehrenamtlich engagieren,
in Familie und Nachbarschaft,
in Initiativen und Vereinen,
in Gemeinden und Verbänden.
- kurze Stille - V/A: Gott, wir bitten für sie.

6. Im vergangenen Jahr haben viele Menschen ihr irdisches Leben
in Gottes Hand zurückgegeben.
Wir beten für die Verstorbenen unserer Gemeinden und für alle,
die um einen lieben Menschen trauern.
Wir beten auch für die Opfer von Gewalt und Katastrophen.
- kurze Stille - V/A: Gott, wir bitten für sie.

Abschluss-Gebet:

Gott unserer Hoffnung,

du schenkst Zuversicht, wenn wir zweifeln,

du kannst vollenden, was wir beginnen.

Wir danken dir und bitten um deine Nähe und deinen Segen –

heute und morgen, für das Neue Jahr und bis in deine Ewigkeit.

Amen

Quelle: Bistum Trier

30.12.2021

drucken | zurück