zurück

110. Gemeindebrief zum 14.08.2022, 20. Sonntag im Jahreskreis

"Wer mit dem Feuer spielt, wird im Feuer umkommen".
So heißt es in einem Sprichwort.

Wie gefährlich Feuer ist, zeigen uns in den letzten Tagen und Wochen
die erschütternden Nachrichten über die Waldbrände in vielen Teilen der Welt.

Feuer hat große Zerstörungskraft,
es vernichtet Leben und bringt vielfältiges Leid.
Aber auch im übertragenen Sinne ist das Spiel mit dem Feuer lebensgefährlich:
im täglichen Miteinander ebenso wie in der Politik und in den Religionen.
Und ein solches Feuer will Jesus auf die Erde werfen?

Darauf wollen wir heute schauen und versuchen zu verstehen.

Birgit Linz-Radermacher
PGR-Vorsitzende
Mail: pgr@dormagennord.de

Kyrie

Herr, wie oft zündeln wir mit dem Feuer und verletzen unsere Mitmenschen.
Herr, erbarme dich. Herr, erbarme dich unser.

Herr, und manchmal gießen wir Öl ins Feuer und
provozieren durch Worte und Gesten.
Christus, erbarme dich, Christus erbarme dich unser.

Herr, nicht selten lehnen wir Versöhnung und Verzeihen ab
und verharren im Feuer der Unnachgiebigkeit.
Herr, erbarme dich. Herr, erbarme dich unser.

Herr, zu dir dürfen wir mit unseren Unzulänglichkeiten, unseren Fehlern kommen.
Du nimmst uns auf und schenkst uns Vergebung. Wir danken dir dafür! Amen.

Tagesgebet

Herr, mache uns bereit,
öffne unsere Ohren,
öffne unser Herz,
dass wir deine Worte hören,
dass wir uns mit ihnen auseinandersetzen können und sie verstehen
und uns immer mehr uns von ihnen durchdringen lassen,
um dir nachfolgen so wie du es von uns erwartest.
Darum bitten wir dich heute und an allen Tagen. Amen.

1. Lesung Jer 38,4-6.7a.8b-10, Lesung aus dem Buch Jeremía

In jenen Tagen sagten die Beamten zum König:

Jeremía muss getötet werden; denn er lähmt die Hände der Krieger, die in dieser Stadt noch übriggeblieben sind, und die Hände des ganzen Volkes, wenn er solche Worte zu ihnen redet. Denn dieser Mann sucht nicht Heil für dieses Volk, sondern Unheil.

Der König Zidkíja erwiderte:
Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts gegen euch.

Da ergriffen sie Jeremía und warfen ihn in die Zisterne des Königssohns Malkíja, die sich im Wachhof befand; man ließ ihn an Stricken hinunter. In der Zisterne war kein Wasser, sondern nur Schlamm und Jeremía sank in den Schlamm.

Der Kuschíter Ébed-Mélech, ein Höfling, sagte zum König:
Mein Herr und König, schlecht war alles, was diese Männer dem Propheten Jeremía angetan haben; sie haben ihn in die Zisterne geworfen, damit er dort unten verhungert. Denn es gibt in der Stadt kein Brot mehr.

Da befahl der König dem Kuschíter Ébed-Mélech:
Nimm dir von hier dreißig Männer mit, und zieh den Propheten Jeremía aus der Zisterne herauf, bevor er stirbt.

2. Lesung Hebr 12,1-4, Lesung aus dem Brief Hebräerbrief

Schwestern und Brüder!

Darum wollen auch wir, die wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben,
alle Last und die Sünde abwerfen, die uns so leicht umstrickt.
Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der vor uns liegt, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt. Richtet also eure Aufmerksamkeit auf den, der solche Anfeindung von Seiten der Sünder gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermattet und mutlos werdet! Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet.

Evangelium Lk 12, 49-53, Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!
Ich muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen ist. Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen?
Nein, sage ich euch, sondern Spaltung.
Denn von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben:
Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei;
der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater,
die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter,
die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter,
und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.

Predigt

Was für eine starke Ansage von Jesus:
Feuer auf die Erde zu werfen; nicht Frieden, sondern Zwietracht zu bringen.
Kennen wir Jesus nicht als Friedensbringer und Heiler, der die Menschen mit Gott und miteinander versöhnen möchte?
Diese Worte vom Feuer, von Spaltung machen uns Angst.
Jesus scheint nicht mehr der liebe Freund und Bruder, sondern bestätigt im Gegenteil jene, die im biblischen Gott den strafenden, rächenden, herrschsüchtigen Gott sehen wollen.
Das ist nicht der Jesus, den wir so gerne zitieren, wenn wir von Wertschätzung, Hoffnung, Frieden und Liebe sprechen.
So überrascht diese Rede von Jesus nicht nur, sie ist für viele irritierend, anstößig und verstörend.

Der Evangelist Lukas lässt Jesus hier als wetternden endzeitlichen Propheten auftreten und er zeigt mit diesem Abschnitt besonders deutlich, wie das Herauslösen eines Textes aus dem Zusammenhang dessen Wirkung verstärken kann. Wir kennen das aus der heutigen Zeit, wenn bei Interviews Worte aus dem Zusammenhang gerissen werden, dann haben sie eine andere Bedeutung. Hier erleben wir die Betonung von Bedeutung. Denn gerade weil diese Aussagen aus der Reihe zu tanzen scheinen, ist anzunehmen, dass diese Überlieferung sehr nahe an etwas herankommt, was Jesus tatsächlich gesagt hat.
Dem heutigen Evangelium geht bei Lukas die Rede zur Wachsamkeit voraus (wir haben es letzte Woche gehört) und es folgt in der nächsten Woche die Mahnung zum rechten Erkennen der Zeichen.
Da sind diese Worte Jesu des heutigen Evangeliums quasi dazwischengeschoben, um zu verdeutlichen: Die Zeit der Entscheidung ist da. Es gilt wachsam zu sein, die Zeichen der Zeit zu erkennen und daraus die Konsequenzen zu ziehen!
Jetzt, hier und heute müsst ihr euch entscheiden!
Jesus verlangt hier und heute unsere Entscheidung.
Durch das Wasser der Taufe sind wir zu Kindern Gottes, zu Schwestern und Brüdern Jesu geworden. Jesus erwartet von uns heute, dass wir nach der Taufe mit Wasser auch die Feuertaufe erleben und uns anstecken lassen vom Feuer des Himmels. Feuer des Himmels als Zeichen für Gottes Liebe. Haben wir uns bisher wirklich anstecken lassen von Gottes Liebe und haben wir die Feuertaufe erlebt und uns für die Botschaft Gottes, für den Weg des Heils entschieden oder leben wir lau und leidenschaftslos unser Leben in der Unentschlossenheit?
„Wie froh wäre ich", sagt Jesus, „das Feuer würde schon brennen."
Müssten wir uns diese Sehnsucht Jesu nicht zu eigen machen und alles daran setzen, dass wir von der Liebe Jesu in Brand gesetzt werden und uns entscheiden? Wer nicht für Gottes Liebe brennt, wird sich schwer tun, sie weiterzugeben. Wo aber ChristInnen sich von der Liebe Gottes entzünden lassen, entfaltet sie ihre heilsame Kraft.

Natürlich ist es in der heutigen Zeit nicht leicht, sich für Kirche zu entscheiden und sich zu engagieren - in einer Kirche mit veralteten Machtstrukturen und dem Verharren in verkrusteten Traditionen, die nicht mehr im Sinne Jesu gelebt werden.
Jesus hat sich gegen die alten verkrusteten Traditionen seiner Zeit gewehrt. Er wollte nicht den Frieden bringen, der alles beim Alten lässt, das hat er heute sehr deutlich gemacht, sondern wirklichen Frieden für alle. Deshalb ist er zu den Verachteten, zu Bettlern, Zöllnern und Prostituierten gegangen, hat sich für die Wertschätzung aller Menschen eingesetzt und gezeigt, dass Gott keine Unterschiede macht, sondern alle Menschen gleichberechtigt liebt.
Er hat sich für die Menschen entschieden und mit seinem Tod die Taufe vollendet. Diese Entscheidung für eine menschliche, friedliche, österliche Kirche erwartet er auch von uns!
„Das Reich Gottes wird nicht von den Zuschauerrängen aus gemacht"
hat Franz Kamphaus, der emeritierte Bischof von Limburg, einmal gesagt.
Wir müssen uns schon mitten ins Geschehen hinein wagen, mitten in die Arena!

So dürfen wir heute das Wort Feuer nicht als zerstörerische Kraft, sondern als Kraftquelle verstehen, die uns nicht verbrennt, sondern uns die Kraft schenkt, dass wir uns hier und heute mitten in die Arena wagen und uns für Gott entscheiden können!
Der Heilige Geist ist uns als Beistand zugesagt.
Er möge in uns atmen und brennen. Amen.

Fürbitten

Jesus Christus, wir haben dein Wort gehört. Du forderst uns zur Entscheidung heraus, aber es fällt uns nicht leicht, deshalb bitten wir dich:

Schenke uns allen das Feuer des Himmels als Kraftquelle, damit wir uns entscheiden und uns für dich einsetzen können.

Lass uns darauf brennen, dass ungerechte Verhältnisse sich ändern, dass wir den Mut haben für Veränderungen einzustehen.

Lass uns nicht vor dem Gegenwind zurückschrecken, wenn es um deine Wahrheit und Liebe geht.

Hilf uns, dass wir nicht zu humorlosen Fanatikern werden, sondern fröhliche Zeugen deiner Liebe sind.

Bleibe bei allen Menschen, die um ihres Glaubens und ihrer Entscheidung Willen verfolgt werden.

Schenke allen Verstorbenen das Leben in Fülle bei dir.

Jesus Christus, du hast uns deine Nähe und deine Begleitung zugesagt.
Dafür danken wir dir und loben dich heute und an allen Tagen!
Amen.

Schlussgebet

Herr, dein Wort war nicht leicht zu verstehen.
Es hat uns irritiert.
Doch du hast nicht aufgeben,
sondern uns geholfen zu verstehen,
dass du die Liebe warst, bist und bleibst.
Wir loben dich und preisen dich und danken dir!
Segne uns am heutigen Tag,
in der nächsten Woche und zu allen Zeiten,
damit wir wachsam sind und die Zeichen der Zeit erkennen
und dein Feuer weitertragen
und uns für eine gerechte, gleichberechtigte, friedliche Kirche einsetzen,
in der deine Liebe und Güte sichtbar ist! Amen.

Meditation

Einer hat uns angesteckt mit der Flamme der Liebe
Einer hat uns angesteckt mit der Flamme der Liebe.
Einer hat uns aufgeweckt und das Feuer brennt hell.

Wer sich selbst verliert, wird das Leben finden,
Wer die Freiheit spürt, kann sich selber finden.
Wer die Armut spürt, wird im Reichtum leben,
Wer von Herzen brennt, kann sich andern geben.
Wer betroffen ist, wird das Wort neu sagen,
Wer sich selbst vergisst, kann auch Lasten tragen.

Einer hat uns angesteckt mit der Flamme der Liebe.
Einer hat uns aufgeweckt und das Feuer brennt hell.

Text: Eckart Bücken

12.08.2022

drucken | zurück