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Gemeindebrief zum 21.08.2022

Liebe Gemeindemitglieder,

das heutige Evangelium gehört sicher nicht zu Bibelstellen,
die eine biblische Wohlfühloase darstellen.

Die enge Tür, die viele nicht durchlässt, ist eine Vorstellung, die in vergangener Zeit häufig als ein konkretes Drohszenario aufgebaut wurde.
Uns ist es mittlerweile sogar fremd geworden, diese Texte an uns heranzulassen. Doch gerade das ist eine Chance mit offenen Augen sich dem frohmachenden Kern dieser Stelle zu nähern.

Dazu möchte ich Sie ermuntern!

Herzlichst
Ihr B. Michael Offer, Diakon

Kyrie

Herr,
alles muss bei uns groß sein.
Notfalls muss auch alles aufgepumpt werden.
Unsere eigene Schuld aber reden wir klein.
Herr, erbarme dich.

Christus,
du führst uns an eine enge Tür.
Unser Kleinglauben, unsere Ängste passen da gut durch.
An deinem Tisch finden wir uns wieder.
Christus, erbarme dich.

Herr,
du kennst die Taten und Gedanken aller Völker.
Du schaust hinter die Kulissen, du liest zwischen den Zeilen.
Alle Menschen sollen deine Schönheit und Größe entdecken.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Gott,
du hast uns verschiedene Gaben geschenkt.

Keinem gabst du alles - keinem gabst du nichts.
Jedem gibst du einen Teil.

Hilf uns, dass wir uns nicht zerstreiten,
sondern einander dienen mit dem,
was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.

Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Amen.

1. Lesung aus dem Buch Jesaja

So spricht der Herr:

Ich kenne die Taten und die Gedanken aller Nationen und Sprachen
und komme, um sie zu versammeln,
und sie werden kommen und meine Herrlichkeit sehen.
Ich stelle bei ihnen ein Zeichen auf
und schicke von ihnen einige, die entronnen sind, zu den Nationen, zu den fernen Inseln, die noch keine Kunde von mir gehört und meine Herrlichkeit noch nicht gesehen haben.
Sie sollen meine Herrlichkeit unter den Nationen verkünden.
Sie werden alle eure Brüder aus allen Nationen als Opfergabe für den Herrn herbeibringen auf Rossen und Wagen, in Sänften, auf Maultieren und Kamelen, zu meinem heiligen Berg nach Jerusalem, spricht der Herr, so wie die Söhne Israels ihre Opfergabe in reinen Gefäßen zum Haus des Herrn bringen.
Und auch aus ihnen nehme ich einige zu levitischen Priestern, spricht der Herr.

2. Lesung aus dem Hebräerbrief

Schwestern und Brüder!

Ihr habt die Mahnung vergessen, die euch als Söhne anredet:
Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn und verzage nicht, wenn er dich zurechtweist! Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt mit der Rute jeden Sohn, den er gern hat. Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet!

Gott behandelt euch wie Söhne.
Denn wo ist ein Sohn, den sein Vater nicht züchtigt?
Jede Züchtigung scheint zwar für den Augenblick nicht Freude zu bringen, sondern Leid; später aber gewährt sie denen, die durch sie geschult worden sind, Gerechtigkeit als Frucht des Friedens. Darum macht die erschlafften Hände und die wankenden Knie wieder stark, schafft ebene Wege für eure Füße, damit die lahmen Glieder nicht ausgerenkt, sondern vielmehr geheilt werden!

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

In jener Zeit zog Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte.

Da fragte ihn einer:
Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?

Er sagte zu ihnen:
Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.
Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht, an die Tür klopft und ruft: Herr, mach uns auf!, dann wird er euch antworten:
Ich weiß nicht, woher ihr seid.
Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben doch in deinem Beisein gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt.
Er aber wird euch erwidern:
Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!
Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Ísaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid.
Und sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen. Und siehe, da sind Letzte, die werden Erste sein, und da sind Erste, die werden Letzte sein.

Predigt

Im ersten Moment lässt das heutige Evangelium ein Stück erschrecken,
löst es eher Ängste in uns aus, als dass es wie eine Frohbotschaft klingt.
Was Jesus sagt, hört sich wie eine Drohung an: die enge Tür, die sich längst nicht allen öffnet, die anklopfen, und der Hinweis auf den Ort, wo es nur Heulen und Zähneknirschen gibt.
Versuchen wir einmal gelassen und mit innerer Ruhe uns der Botschaft Jesu zu nähern. Denn sehr oft hat Jesus vom Heil gesprochen, das allen Menschen zuteilwerden soll.
Mit dieser Zusage im Hintergrund bleibt uns die Frage: Was will uns Jesus mit seiner heutigen Botschaft sagen und nahebringen?

Der Mann, der Jesus die Frage stellt „Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?" ist offensichtlich ein Jude. In seinem Glauben gab es den Begriff der „kleinen Schar".
Die Propheten hatten immer wieder darauf hingewiesen, wie oft durch eine kleine Schar der Glaube im Volk lebendig erhalten wurde. Es begann mit Noah, der sich mit den Seinen im Hören auf Gottes Wort über die Sintflut hinwegrettete. Durch diese kleine Schar wurde der Glaube neu verbreitet.

Als die Israeliten zu einem starken Volk heranwuchsen, ließ der Pharao alle Knaben der Israeliten töten.
Die Schar derer, denen der Auszug aus Ägypten gelang, vertieften ihren Glauben in der Wüste und trugen ihn nach Palästina.
Die Babylonier, die später Israel eroberten, versuchten, das Volk der Israeliten zu zerschlagen, indem sie die Einwohner des Landes in das Babylonische Reich verschleppten. Israel war entvölkert, Fremde siedelten sich an.
Nach dem Untergang Babylons schickte Kyros die hinterbliebenen Juden in ihr Land zurück.

Wieder war es im Grunde nur eine kleine Schar, die neu für die Verbreitung des Jahwe-Glaubens eintrat. Wie würde sich das Reich Gottes, das Jesus verkündete, aufbauen, war wohl der Hintergrund, auf dem der Mann seine Frage an Jesus stellte.
Würde es wieder eine kleine, von Gott erwählte Schar sein?

Jesus geht auf die Zahl nicht ein, sondern beschreibt den Weg, wie man in das Reich Gottes gelangen kann. Dabei bedient er sich eines Bildes, das sich den Menschen einprägen soll: In den Stadtmauern Jerusalems gab es eine kleine, für Fremde unbekannte Pforte, durch die man in die Stadt gelangen konnte, wenn man sich verspätet hatte, und die offiziellen Tore bereits verschlossen waren.
Eingelassen wurde, wer dem Türhüter bekannt war.

Jesus hatte an anderer Stelle einmal gesagt: Ich bin die Tür zum ewigen Leben.
Im heutigen Evangelium vergleicht er sich offenbar mit dem Hausherrn, der sich weigert, die Türe denen zu öffnen, die er nicht kennt.

Jesus bekannt sein, darauf kommt es also an.
Wie dies geschehen kann, darauf weist Jesus hin und sagt uns: Deine Zugehörigkeit zur Kirche – leben und handeln, wie man so allgemein lebt und handelt – deine Teilnahme an kirchlichen Festen – dein gelegentliches Zuhören bei dem, was von mir berichtet wird, verbindet uns beide nicht so eng, dass wir damit schon einander bekannt und miteinander befreundet wären.

Bekannt werden wir miteinander, wenn du in deinem Denken, Verhalten und Handeln entschieden in meine Fußstapfen trittst und mir mit den dir gegebenen Kräften und Talenten in der Liebe und Hingabe folgst.
Verwirkliche dich! Werde der, der du sein kannst! Versande nicht! Lebe die Liebe und den Willen Gottes, auf dich gemünzt und zugeschnitten, konsequent.

Was Jesus von uns einfordert, hat er selbst gelebt. Er wird ja nicht dadurch schon unser Erlöser, dass er auf die Erde kommt, im Wunderwirken auf sich aufmerksam macht, viel von Gott erzählt und berichtet.
Unser Erlöser wird er, weil er sich voll in den Willen Gottes einklinkt und vom Weg der Liebe nicht abweicht, obwohl ihm das hier auf Erden Leiden und Hinrichtung einbringt.
Das sich Einbinden in den Willen Gottes und gelebte Liebe sind für Jesus der Weg zurück in die himmlische Gemeinschaft mit Gott.

In der Nachfolge Jesu soll dieser Weg auch unser Weg sein, selbst wenn wir auch immer wieder einmal versagen.
Das intensive Festhalten an gelebter Liebe und die Verbindung mit Gott werden uns die Tür zum Himmelreich öffnen.
Jesus will uns zur Entschiedenheit herausfordern. Mag sein, dass wir wegen unserer Verfehlungen mit Verspätung an die Einlasstür gelangen.
Aber es wird uns geöffnet, sofern wir durch unser Mühen und innere Verbundenheit Gott und Christus bekannt sind.

Jesus will uns mit seinen Worten und Bildern des heutigen Evangeliums nicht drohen.
Aber wir sollen auch nicht bequem und träge im alten Stil weiterleben, wenn Umkehr, Besserung, Erneuerung notwendig wären. Jesu Worte wollen uns anspornen, unseren Glauben ernst zu nehmen und ihn entschieden mit den Kräften zu leben, die uns geschenkt sind.
Man soll uns ansehen können, dass wir aus dem Glauben heraus leben und handeln, auch wenn wir immer wieder einmal schwach werden und uns Böses unterläuft.

Unterlassen wir es nicht, den Ernst zu beachten, mit dem Jesus sich an uns wendet.

Fürbitten

Staunend hören wir, dass Gott die Taten und Gedanken aller Völker kennt,
dass er sie um sich versammelt, dass er selbst zu ihnen kommt.

Wir beten heute:

Für die Vereinten Nationen.
Die Völker nehmen sich vor, Konflikte einvernehmlich zu lösen.
Dass Interessensgegensetze und Vorurteile
ohne Hass und Krieg überwunden werden,
erbitten wir:

Wir bitten dich, erhöre uns!

Für die Kriegsparteien.
In Europa ist ein Krieg entbrannt. Die Ukraine wurde überfallen.
Dass die Hasspropaganda und die Lügen ein Ende nehmen,
erbitten wir:

Wir bitten dich, erhöre uns!

Für die Kirchen.
Nationales Denken und Selbstbezogenheit zerreißt die Christenheit,
Intoleranz verhindert viele Begegnungen.
Dass die Friedensbotschaft neue Anfänge ermöglicht und alte Wunden heilt,
erbitten wir:

Wir bitten dich, erhöre uns!

Für die Nachbarschaften.
Die Namenschilder verraten die Vielfalt der Hausbewohner.
Dass Menschen sich verstehen und Wege zueinander finden,
erbitten wir:

Wir bitten dich, erhöre uns!

Für die Schulen.
Kinder aus aller Herren Länder lernen gemeinsam.
Dass aus Verschiedenheit keine Aversion wird, sondern Reichtum,
erbitten wir:

Wir bitten dich, erhöre uns!

Staunend hören wir,
dass Gott selbst durch eine enge Tür kommt.
Er findet zu uns.
Er kennt unsere Taten und Gedanken.
Er will uns verwandeln
durch Christus, unserem Herrn. - Amen.

Schlussgebet

Wir danken dir, Gott,
der du Türen öffnest:
Schenke uns den Mut,
durch die enge Tür zu gehen,
dahinter dein Reich zu entdecken
und allezeit an deinem Tisch einen Platz zu finden.
In den Tagen, die vor uns liegen,
werden wir vor vielen Türen stehen.
Türen, die verschlossen bleiben,
Türen, die uns Angst einjagen,
Türen, die uns einschüchtern.
Schenke uns mit einem Lächeln den Schlüssel,
sogar die Herzen der Menschen zu öffnen.
In deiner Liebe sind wir zu Hause.
In Jesus, der die Weite des Himmels mit denen teilte,
die in einer Enge gefangen waren.
Für die Ewigkeit. - Amen.

Segen

18.08.2022

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