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Gemeindebrief zum 05.03.2023

Einführung

An welchen Moment Ihres Lebens erinnern Sie sich besonders gerne?
Vielleicht liegt dieser Moment Jahrzehnte zurück, aber Sie erinnern sich
immer noch daran. Ein besonderer Moment Ihres Lebens.
Welchen Moment haben Sie vor Augen?
Wenn Sie so einen Moment gefunden haben,
dann bleiben sie noch etwas dabei.
Was bedeutet Ihnen dieser Moment bis heute?
Ist er nur eine schöne Erinnerung - oder mehr?
Gibt er Ihnen Kraft?
Oder Trost?
Was enthält dieser Moment noch für Sie?
Was bedeutet Ihnen dieser Moment für?
Versetzen Sie sich noch einmal hinein in diesen Augenblick!

Erleben Sie ihn noch einmal und kosten Sie das Gefühl dieses Momentes noch einmal aus. Es geht in unserem Evangelium heute auch um so einen besonderen Moment. Ein Erlebnis, was fast zu schön ist, um wahr zu sein.
Wir werden ihn gleich lesen und vielleicht ja auch miterleben,
wenn wir uns darauf einlassen können.

Birgit Linz-Radermacher

Mail: pgr@dormagennord.de

Kyrie

Zeige uns, Herr, deine Allmacht und Güte, komm uns zu Hilfe mit göttlicher Kraft!
Mit deinem Beistand uns allzeit behüte, der uns befreit und Geborgenheit schafft.
Hör unser Bitten: die Angst in uns wende, Feuer des Heiligen Geistes uns sende.

Hilf unserem Glauben, wenn mutlos wir werden,
Lichtblick und Freude erblühen aus dir.
Dein Reich des Friedens lass wachsen auf Erden,
Werkzeuge deiner Verheißung sind wir.
Lehr uns, aus Glaube und Liebe zu handeln und
so uns selbst und die Welt zu verwandeln.

Ruf uns zur Umkehr, so oft wir versagen, du bist barmherzig, vergibst uns die Schuld.
Antwort bist du in verzweifeltem Fragen, lehr uns Verzeihen, Vertrauen, Geduld.
Du hast für uns deinen Sohn hingegeben, Worte und Taten, aus denen wir leben.

Raymund Weber

Gen 12,1-4a - Lesung aus dem Buch Genesis

In jenen Tagen sprach der HERR zu Abram:

Geh fort aus deinem Land, aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde! Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein.
Ich werde segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den werde ich verfluchen.
Durch dich sollen alle Sippen der Erde Segen erlangen.
Da ging Abram, wie der HERR ihm gesagt hatte, und mit ihm ging auch Lot.
Abram war fünfundsiebzig Jahre alt, als er von Haran auszog.
Abram nahm seine Frau Sarai mit, seinen Neffen Lot und alle ihre Habe,
die sie erworben hatten, und alle, die sie in Haran hinzugewonnen hatten.
Sie zogen aus, um in das Land Kanaan zu gehen, und sie kamen in das Land Kanaan.

2 Tim 1,8b-10 - Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus

Mein Sohn!

Darum rufe ich dir ins Gedächtnis:
Entfache die Gnade Gottes wieder,
die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteilgeworden ist!
Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Schäme dich also nicht des Zeugnisses für unseren Herrn und auch nicht meiner, seines Gefangenen, sondern leide mit mir für das Evangelium!

Gott gibt dazu die Kraft: Er hat uns gerettet; mit einem heiligen Ruf hat er uns gerufen, nicht auf-grund unserer Taten, sondern aus eigenem Entschluss und aus Gnade, die uns schon vor ewigen Zeiten in Christus Jesus geschenkt wurde; jetzt aber wurde sie durch das Erscheinen unseres Retters Christus Jesus offenbart. Er hat den Tod vernichtet und uns das Licht des unvergängli-chen Lebens gebracht durch das Evangelium.

Mt 17,1-9 - Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus

In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.
Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elíja und redeten mit Jesus.
Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind.
Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich,
eine für Mose und eine für Elíja.
Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus:
Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt,
bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist!

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus. Ehre sei dir, o Herr.

Überlegungen zum Evangelium

Vor einigen Jahren hatte ich einen besonderen Moment bei einem Spaziergang in den Schweizer Bergen.
Nicht im Hochgebirge, aber doch so hoch, dass ich über andere Berge und ins Tal
hinunterschauen konnte. Auf dem Weg zu einem entlegenen Kloster hatte ich den letzten Bauernhof hinter mir gelassen und war nun allein in der Natur. Da stand eine Bank am Wegesrand, auf die ich mich setzte und den ganzen Nachmittag verbrachte, weil es unsagbar schön war, dort zu sitzen und die Einsamkeit zu erleben. Die Welt erschien mir in einem anderen Licht. Alles sah ganz anders aus, deutlicher irgendwie, klarer als sonst und als anderswo. Die Welt hüllte sich in Schweigen, keine gewohnten, vertrauten Geräusche, nur von weit her Kuhglocken und ab und zu die Glocke des Klosters.
Gipfelerfahrung. Die Welt erschien verändert, verklärt.
Solche „Gipfelerfahrungen" verändern.
Nicht unbedingt gleich die ganze Welt, nicht unbedingt die Realität des gesamten
Alltags, jedenfalls nicht unbedingt direkt und sofort. Aber es bleibt eine Erfahrung.

Die Jünger sind mit Jesus unterwegs. Gemeinsam ziehen sie der Hauptstadt Jerusalem entgegen. Es war keine fröhliche Reise, denn Jesus hatte seinen Jüngern angekündigt, dass er dort sein Leben lassen würde.
Was mag das für eine Stimmung gewesen sein!
Unterwegs in die Hauptstadt, das religiöse Zentrum:
Für die Jünger war dies ein aufregendes Ziel, denn sie lebten alle auf dem Land, in der Provinz. Aber dann sagt der, dem sie folgen, an, dass es dort mit ihm zu Ende gehen wird. Welchen Sinn ergibt diese Reise dann? Als sie bald eine Woche unterwegs waren, nahm Jesus drei seiner Jünger beiseite und ging mit ihnen auf einen Berg. Hier ereignet sich nun, was wir eben gelesen haben: Jesus wird verwandelt, wird verklärt.

Verklärung wird im Wörterbuch als „glückseliger Zustand, der zum Beispiel durch friedvolles Lächeln sichtbar wird" und als „Beschönigung" beschrieben.
Ja, Beschönigung brauchten die Jünger nach der Ankündigung Jesu, dass er sterben würde. Sie brauchen Aufmunterung und Zuversicht.
Und genau diese Erfahrung machen sie auf dem Gipfel des Berges. Sie erleben eine Gipfelerfahrung! Jesu Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.
Einen Moment, den die Jünger gerne festhalten möchten:
„Augenblick, verweile doch. Du bist so schön!"
Einer prescht voran, Petrus, der schon bekannt ist für sein vollmundiges Bekenntnis, will die Sache pragmatisch anfassen. Er erkennt, dass sie gerade etwas Ungewöhnliches erleben und das möchte er bewahren. Er will Sicherheit, Gewissheit, Autorität und die Verwurzelung mit der Tradition. Mose und Eliza sind für ihn die Verbindung zu früher, sie sind Garanten für das Bewährte. Mit diesem Wunsch nach Sicherheit und Tradition würde Petrus auch heute bei vielen auf begeisterte Zustimmung stoßen. Aber da würde er im Vordergründigen stecken bleiben und gar nicht erkennen, dass er sich abschottet und etwas aufrechterhält, was so nicht existieren kann. Das Festhalten und Festschreiben um jeden Preis führen dazu, dass jede auch noch so leise Anfrage als Angriff erlebt wird, als ungeheuer bedrohlich.
Dieses Festhalten ist nicht in Gottes Sinne, denn Gott fällt Petrus ins Wort.
Gott selber spricht. Das tut er ganz selten in der Bibel.
Und dazu kommt noch - etwas salopp gesagt - Gott wiederholt sich.
Das hat er nämlich schon bei der Taufe von Jesus gesagt, Matthäus 3.
„Dies ist mein lieber Sohn, an dem Wohlgefallen habe", heißt es dort.
Jetzt ergänzt er. „Auf ihn sollt ihr hören."
Mose und Eija sind verschwunden als die Jünger wieder aufblicken.
Sie sind wieder mit Jesus allein.
Die Verbindung zu Mose und Eija soll nicht vergessen sein, aber Jesus ist der, um den es geht!
Auf ihn sollen die Jünger, sollen wir hören.
Matthäus macht dadurch deutlich: In Jesus Christus begegnen wir Gott. Jesus ist es, der uns von Gott erzählt, der uns Gottes Liebe aufzeigt. Durch seine Worte, seine Taten und nicht zuletzt durch seinen Tod und seine Auferstehung.
Jesus fasst die Jünger an, er legt ihnen vielleicht die Hand auf die Schulter, hilft ihnen beim Aufstehen, um sie aus dem Schrecken rauszuholen und sagt:
Fürchtet euch nicht! Er ist da, an ihrer Seite!
„Fürchtet euch nicht, vor dem was kommen wird, kommen muss, vor der Veränderung, denn Gott ist immer an eurer Seite! Er wird euch mit seiner Liebe tragen, die ihr hier auf dem Gipfel erleben konntet."
Petrus, Jakobus und Johannes sind ganz sicher nicht so zurückgekommen, wie sie aufgebrochen sind.
Gipfelerfahrungen wie diese verändern. Nicht unbedingt gleich die ganze Welt, nicht unbedingt die Realität des gesamten Alltags, jedenfalls nicht unbedingt direkt und sofort. Deswegen sollen sie nicht sofort davon berichten. Vielleicht können sie auch nicht, denn ein solches Erlebnis muss „erst verdaut" werden. Aber es bleibt die Erfahrung eines besonderen Momentes, der verändert und der auch uns beim Lesen und nachempfinden verändern kann. Amen.

Bitten

Herr, Gipfelerfahrungen sind ein Geschenk und eine Herausforderung für uns,
unseren Alltag, unser Leben.

Wir bitten dich, dass wir die kostbaren Momente, in denen wir ein Stück
Himmel finden, als Geschenk von dir erleben können.

Wir bitten dich, schenke uns allen immer wieder solche Gipfelerfahrungen,
die uns Aufmunterung und Zuversicht im Alltag geben.

Wir bitten dich, dass wir durch solche Erfahrungen Gottes Liebe zu uns
ganz bewusst erleben und aufnehmen können.

Wir bitten dich, dass wir nicht in der Vergangenheit feststecken, sondern
offen bleiben für das, was Jesus uns aufträgt.

Wir bitten dich, hilf uns mit den Herausforderungen der Erfahrungen umgehen zu können, dass wir uns auf die Veränderungen einlassen und sie in Handeln für Frieden, Gerechtigkeit und unsere Nächsten umsetzen können.

Schlussgebet

Herr, wir danken dir, dass du uns durch das Evangelium an dem Gipfelerlebnis der drei Jünger hast teilhaben lassen und auch wir erkennen dürfen, dass wir in Jesus dir begegnen können.

Wir danken dir, dass du uns durch Jesus die Veränderung schenkst, die wir in vielen Erlebnissen immer wieder erfahren dürfen.
Wir danken dir für viele liebevolle Momente, in denen du uns Kraft, Trost, Zuversicht, Aufmunterung und deine Liebe schenkst. Amen.

Ich wünsche uns allen in dieser Woche, in dieser Fastenzeit, in der Vorbereitung auf Ostern viele besondere Momente. Momente, die verwandeln, die verändern, die uns Gotte Liebe zeigen und uns ihm näherbringen.

Und vielleicht schreiben Sie Ihre besonderen Momente des Lebens einmal auf.
Wenn Sie ein Tagebuch haben, schreiben Sie sie dort hinein. Oder schreiben Sie einen Brief an Gott und schreiben Sie ihm, welche Bedeutung die Momente für Sie hatten und haben.
Oder machen Sie es wie der Mann in der Geschichte. Schauen Sie auf besondere Momente des Tages und durchleben sie sie erneut in Dankbarkeit und voller Freude über Gottes Liebe zu uns!

Ein alter Mann hatte stets eine Handvoll Bohnen in seiner Tasche.
Für jede noch so kleine Situation, die ihn erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke Tasche wandern.
Das waren zum Beispiel: das Lachen seiner Frau oder der Schattenplatz in der Mittagshitze ...
Abends legte er die Bohnen seiner linken Tasche vor sich hin und zählte sie.
Er führte sich dabei jede einzelne Situation noch einmal vor Augen, freute sich, genoss sie ausführlich und nahm sie tief in sich auf. Diese unzähligen Freuden hatten ihm Kraft gegeben, auch all die schwierigen und schweren Stunden seines Lebens durchzustehen und daraus zu lernen.

unbekannt

03.03.2023

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