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151. Gemeindebrief zum 10. Sonntag im Jahreskreis - 11.06.2023

Das heutige Evangelium mit der Berufung des Zöllners Matthäus
stellt uns vor die Frage:

Welche Ideen, um Gutes in die Welt zu bringen,
verfolgen wir und wer hilft uns dabei?
Wer hilft uns aus unserer »Blase« heraus?
Wer sind unsere Brückenbauer?
Mit wem bilden wir für ein gemeinsames Anliegen eine neue Gemeinschaft?

Klaus Koltermann, Pfarrer
Mail: pastor.koltermann@dormagen-nord.de

Erste Lesung Hos 6, 3–6

An Liebe habe ich Gefallen, nicht an Schlachtopfern
Lesung aus dem Buch Hoséa.

Lasst uns den Herrn erkennen, ja lasst uns nach der Erkenntnis des Herrn jagen!
Er kommt so sicher wie das Morgenrot;
er kommt zu uns wie der Regen, wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt.
Was soll ich mit dir tun, Éfraim?
Was soll ich mit dir tun, Juda?
Eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der bald vergeht. Darum habe ich durch die Propheten zugeschlagen, habe sie durch die Worte meines Mundes umgebracht. Dann wird mein Recht hervorbrechen wie das Licht. Denn an Liebe habe ich Gefallen, nicht an Schlachtopfern, an Gotteserkenntnis mehr als an Brandopfern.

Zweite Lesung Röm 4, 18–25

Er wurde stark im Glauben, indem er Gott die Ehre erwies
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.

Schwestern und Brüder!

Gegen alle Hoffnung hat Abraham voll Hoffnung geglaubt, dass er der Vater vieler Völker werde, nach dem Wort: So zahlreich werden deine Nachkommen sein. Ohne im Glauben schwach zu werden, bedachte er, der fast Hundertjährige, dass sein Leib und auch Saras Mutterschoß schon erstorben waren. Er zweifelte aber nicht im Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde stark im Glauben, indem er Gott die Ehre erwies, fest davon überzeugt, dass Gott die Macht besitzt, auch zu tun, was er verheißen hat.
Darum wurde es ihm auch als Gerechtigkeit angerechnet. Doch nicht allein um seinetwillen steht geschrieben: Es wurde ihm angerechnet, sondern auch um unseretwillen, denen es angerechnet werden soll, uns, die wir an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, von den Toten auferweckt hat. Wegen unserer Verfehlungen wurde er hingegeben, wegen unserer Gerechtmachung wurde er auferweckt.

Evangelium Mt 9, 9–13

Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit sah Jesus einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm:
Folge mir nach!
Und Matthäus stand auf und folgte ihm nach. Und als Jesus in seinem Haus bei Tisch war, siehe, viele Zöllner und Sünder kamen und aßen zusammen mit ihm und seinen Jüngern. Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern:
Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?

Er hörte es und sagte:
Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken.
Geht und lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!
Denn ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

Gedanken zum Evangelium

Wenn ich etwas Neues aufbauen will und neue Lebenswelten berühren möchte, ist es gut, jemanden im Team zu haben, der sich in dieser fremden Welt gut auskennt. Dann brauche ich Menschen, die Kontakte und Erfahrungen haben. Der Zöllner Matthäus ist so einer. Als Zöllner sitzt er am Grenzverkehr. Er hat Kontakte zum eigenen Volk und zu den Römern. Er kennt beide Seiten und weiß, wie beide Seiten „ticken“. So jemand braucht Jesus in seinem Team.

Das Matthäusevangelium schildert nicht, dass er seine Position missbraucht oder zu seinem Vorteil ausnutzt. Ich denke, ihn zeichnet aus, dass er auf der Suche ist, wie er seinen Beruf, sein Können und Wissen noch sinnvoller einsetzen kann als bisher. Das vermute ich, weil Jesus es leicht hat, als er ihn auffordert, in seinem Team mit dabei zu sein. Matthäus macht sofort mit. Daher meine ich, dass es zwei Dinge sind, die ihn auszeichnen: Sein Platz an der Grenze und sein Wunsch, diese Position in anderer Weise als bisher einzusetzen. Jesus hat sicher eine gute Menschenkenntnis, dass er ausgerechnet ihn anspricht.

Nach Jesu Tod sind Gruppen entstanden, die Menschen aus den Völkern, Mitglieder der Besatzungsmacht, zusammenbringen mit Menschen aus dem Volk Israel. Dass diese sogar im Namen Jesu zusammen Mahl halten, das war neu. Neue Gemeinschaften sind entstanden mit jüdischen Gläubigen und Menschen unterschiedlichster Herkunft. Sie sind neu miteinander unterwegs im Vertrauen auf den Weg und die Ideen des Messias Jesus. Natürlich gab da viel Streit und viele Fragen innerhalb den jüdischen Gemeinden. Die Evangelien reflektieren diese Entwicklungen und erzählen das Leben Jesu als die Quelle, die diese Grenzüberschreitungen angestoßen und das Neue gestiftet hat.

Die Evangelien beschreiben, dass Jesus auf vielfältige Weise Grenzen berührt und sie erzählen, dass er auf die Grenze zu den Völkern zugeht:

Durch seine Heilkraft holt Jesus die Ausgestoßenen wieder in die Mitte. Menschen, die durch Verwundung nicht teilhaben können am Leben in Fülle, holt er wieder herein in die Gesellschaft. Er beendet Ausgrenzung. Seine therapeutische Kraft geht soweit, dass er die Grenze des Lebens berührt und die Todesgrenze überwindet.

Jesus wendet sich Menschen aus der Besatzungsmacht zu, z. B. dem römischen Hauptmann, und er lobt deren Glauben. Er setzt darauf, dass jenseits seines Volkes eine große Sehnsucht herrscht nach den biblischen Werten und Botschaften.

Jesus bringt als Prediger und Lehrer viele Beispiele von gerechten Menschen außerhalb seines Volkes. Bei seiner ersten Predigt in Nazaret spricht er von einem Syrer, der gottesfürchtig handelt. Damit provoziert er seine jüdischen Zuhörer und Zuhörerinnen.

Jesus geht ganz konkret mit seinen Schülern auf Fahrt über den See, hinein in die sogenannte Dekapolis, das sind griechisch und römisch geprägte Orte. Dort wirkt er. Die Überquerung des Sees Genezareth auf der Fahrt zur fremden Welt schildern alle Evangelien als stürmisch und bedrohlich. Aber Jesus ermuntert seine Schüler, angstfrei zu bleiben.

Die Evangelien schildern Jesus in vielen Facetten als einen Mann, der an die Grenzen geht. Bei seinem Prozess und in seinem Tod hat er diese Grenze dann persönlich überschritten. Er gibt sich hinein in das Haus des Pilatus und er übergibt sich ans Kreuz der Römer. Jetzt ist er den Völkern übergeben. Sein wichtiger Schüler Judas war bereit, diese schwere und überfordernde Last der Übergabe mit Jesus zusammen zu tragen. Jesus kommt ans Kreuz und damit an einen der wundesten Punkte der Völkerwelt. Das Kreuz ist menschenverachtende Folter. In diesen wunden Punkt geht er mit Haut und Haar hinein und übergibt sich mit seiner ganzen Person an die Völker. Dort sollen Wunden geheilt werden. Sein Leben bahnt diesen Weg zu dieser Grenzüberschreitung an. So schildern die Evangelien den Weg Jesu.

Der Zöllner Matthäus, der mit Jesus auf den Weg zum Guten für die Völker geht, ist daher für Jesus eine gute Hilfe. Allein durch seinen Beruf berührt er schon die Grenze, über die Jesus hinausdenkt. Er ist der fünfte im Bunde. Die beiden Fischer, Petrus und Andreas und die beiden „Donnersöhne“ Jakobus und Johannes sind die vier engsten Schüler Jesu, die als erstes mit Namen genannt sind. Danach kommt als fünfter im Team, namentlich genannt, der Zöllner Matthäus. Wer Grenzen berühren will und sich dem Fremden annähern und gar ausliefern will wie Jesus, der braucht Menschen, die dieses Anliegen teilen. Jesus braucht Matthäus, der keine Berührungsängste vor dem Unbekannten hat.

Pastor Klaus Koltermann

Fürbitten am 10. Sonntag im Jahreskreis

Einleitung:

Jesus Christus kam in unsere Welt, um Menschen zu retten, statt sie zu richten;
er setzte sich mit den Ausgegrenzten, mit „Zöllnern und Sündern“ an einen Tisch.
Wie er vertrauen wir auf Gottes Barmherzigkeit auch in den Anliegen,
die uns besorgen:

Bitten:

1. Wir beten für die Menschen in der Süd-Ukraine,
die nach dem Staudammbruch alles verloren haben,
die ihre überfluteten Städte und Dörfer verlassen müssen;
für alle, die sie retten und ihnen helfen, selbst unter Beschuss.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

2. Wir beten für alle politisch Verantwortlichen in der Welt,
die nach Ansätzen zu Verhandlungen suchen,
um das Leid der Menschen in diesem Krieg
und in anderen Konflikten zu beenden.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

3. Wir denken an die Flüchtenden aus den Krisengebieten dieser Erde,
die auf einen Neuanfang in Europa hoffen
und stattdessen Zurückweisung und Ausgrenzung erleben;
und an die Menschen hier, die sich vor den Fremden fürchten
und die sich scheuen,
mit ihnen zusammen zu leben oder auch nur zu sprechen.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

4. Wir beten für Nordamerika und andere Weltgegenden,
wo Wälder brennen oder die Waldbrand-Gefahr wächst.
Für alle, deren Leben und Gesundheit bedroht ist
und denen oft sogar die Luft zum Atmen fehlt.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

5. Wir beten für die Menschen in unserer eigenen Umgebung,
die uns fremd sind wie damals die „Zöllner und Sünder“;
denen viele mit Argwohn und Ausgrenzung begegnen;
und für alle Frauen und Männer, die sich ihnen zuwenden
und um Verständnis und Miteinander werben.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

6. Wir schauen auf die Christinnen und Christen,
die auf dem Evangelischen Kirchentag ihren Glauben feiern
und miteinander teilen – für heute und morgen;
und wir beten für alle, die die Gemeinschaft der Konfessionen sehen
und ökumenische Verständigung vorleben.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

7. Wir beten für die Kranken und Verletzten hier bei uns,
deren Leiden an Körper und Seele oft unerkannt bleiben;
für die Einsamen, die ihre Sorgen und Nöte mit niemand teilen können;
und für Angehörige und Pflegekräfte,
die den Todkranken ein Leben und Sterben in Würde ermöglichen.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

8. Wir beten für die jungen Menschen,
die in diesen Wochen ihre Schulen verlassen
und in eine neue Schule, ein Studium oder einen Beruf starten;
für alle, die sie dabei begleiten und unterstützen.

GL 373 – Du bist Licht… unsere Zuversicht

Abschluss-Gebet

Jesus Christus, wir danken dir,
dass du uns zu deiner Nachfolge gerufen hast.
Auf deinem Weg wollen wir bleiben,
uns selbst und unsere Mitmenschen aufrichten.
Auf deine Nähe auch bei uns vertrauen wir –
jetzt und bis in deine Ewigkeit. Amen.

Quelle: Bistum Trier

09.06.2023

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