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152. Gemeindebrief zum 18.06.2023

Einführung zum 11. Sonntag im Jahreskreis A

Vom russischen Schriftsteller Leo Tolstoi wird Folgendes erzählt:
Auf einem abendlichen Bummel wurde er von einem ausgemergelten
Bettler angehalten.
Als der gefeierte Autor sah, dass der Mann hungrig war, suchte er in seinen
Taschen nach Geld, fand aber nicht einen einzigen Pfennig.

Tolstoi war bestürzt über seine Unfähigkeit, diesem Mann zu helfen.
Er nahm die rissige und schmutzige Hand des Bettlers in seine und sagte mit trauriger Stimme: „Vergib mir, Bruder. Ich habe nichts bei mir, was ich dir geben könnte.“
Da erhellte sich das blasse, müde Gesicht des Bettlers. „Oh, Sie haben mir gerade ein großes Geschenk gemacht“, sagte er lächelnd. „Sie haben mich Bruder genannt.“

Hildegard Ziemons

Mitglied der Pfarrbriefredaktion und bei Maria 2.0
Mail: pgr@dormagennord.de

 

Erste Lesung Ex 19, 2–6a

Lesung aus dem Buch Exodus.

In jenen Tagen kamen die Israeliten in die Wüste Sinai.
Sie schlugen in der Wüste das Lager auf. Dort lagerte Israel gegenüber dem Berg.
Mose stieg zu Gott hinauf. Da rief ihm der Herr vom Berg her zu:
Das sollst du dem Haus Jakob sagen und den Israeliten verkünden:
Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe,
wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und zu mir gebracht habe.
Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet,
werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein.
Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Königreich von Priestern
und als ein heiliges Volk gehören.

Zweite Lesung Röm 5, 6–11

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.

Schwestern und Brüder!

Christus ist, als wir noch schwach waren, für die zu dieser Zeit noch Gottlosen gestorben.
Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben;
vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen.
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist,
als wir noch Sünder waren.
Nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht gemacht sind,
werden wir durch ihn erst recht vor dem Zorn gerettet werden.
Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Gottes Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben.
Mehr noch, ebenso rühmen wir uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn,
durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben.

Evangelium Mt 9, 36 – 10, 8

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen;
denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.
Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.
Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!
Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.

Die Namen der zwölf Apostel sind:
an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas,
dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn ausgeliefert hat.

Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen:
Geht nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter,
sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!
Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!
Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus!
Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.

Gedanken zum Evangelium

„Müde und erschöpft!“ - So fallen wir abends ins Bett: müde und erschöpft.
Doch glaube ich nicht, dass es diese Müdigkeit ist, von der Jesus im Evangelium spricht.

„Wie Schafe, die keinen Hirten haben“, ergänzt Matthäus.
Das bedeutet: Die Menschen, die Jesus sieht, sind antriebslos, kraftlos, orientierungslos, unbehütet; zu wenige sind da, die ihnen einen Weg weisen können.

So geht es auch uns. Wenn unser Leben keinen Ruhepunkt hat, keine Idee, kein Ziel, wenn wir ausgelaugt sind oder enttäuscht, wenn Menschen fehlen, die aufmuntern, die aufbauen, stützen, aufhelfen, dann sind wir schnell erschöpft und müde.

Jesus erkennt, was Not tut, er leidet mit den Erschöpften und er bevollmächtigt seine „Zwölf“, ihnen das Himmelreich zu verkünden.

Was beim weiteren Lesen des Evangeliums überrascht: die Verkündigung des Himmelreiches geschieht nicht dadurch, dass eine Lehre mit dogmatischen Sätzen, Geboten und Verboten verkündet wird, sondern dass Menschen geheilt werden.

Wir lesen nicht:      Lernt das Glaubensbekenntnis auswendig!
Wir lesen:     Wendet euch einander zu. Bringt eine gute, eine aufbauende Botschaft ins Leben. Seid bei den Müden, den Erschöpften, denen, die allein nicht mehr weiterkommen.

Der Ort, wohin Jesus seine Jünger hier schickt, ist nicht der Tempel,
es sind die Straßen und Häuser, es sind die Menschen,
die genau das brauchen, dass ihnen jemand sagt:
Du bist einzigartig.
Du bist nicht übersehen.
Du hast deinen Platz.
Du hast deine unverwechselbare Geschichte.
Du bist wertvoll. Du bist nicht allein.
Du bist unser Bruder und unsere Schwester.

Auch wir brauchen das gute Wort, die Zuwendung, die Augenblicke von Menschen,
die uns Ansehen geben.
In Jesus glauben wir an einen den Menschen zugewandten Gott.
An einen, der ein gutes Wort hat, der nicht niedermacht, sondern aufrichtet.
Manchmal erleben wir die Kraft der Worte, wenn sie unseren Blickwinkel erweitern, wenn sie uns tief im Inneren berühren, wenn sie Kraft schenken.
Darum ist, als Jesus die Jünger aussendet, der Auftrag zum Verkündigen dabei.

Wir leben von Tat und Wort.

Jesus traut das seinen Jüngern zu – und sie vertrauen ihm und gehen los.
Und die von Jesus Ausgesandten gehen weit über das hinaus, was er ihnen hier sagt.
Sie beschränken sich nicht bloß auf die verlorenen Schafe des Hauses Israel.
Er selbst handelt ebenfalls anders, etwa als er der Tochter einer heidnischen Frau hilft. (Mt 15,21-28)
Denn das, was Jesus den Menschen zu sagen hat, die Botschaft, mit der er seine Jünger aussendet, ist universell. Sie macht nicht an Landesgrenzen Halt, sie macht auch nicht an den Grenzen von Religionszugehörigkeit Halt. Seine Botschaft kreist einzig um den Menschen.

Jesus ruft seine Jünger und Jüngerinnen auch heute: Setzen wir an die Stelle der 12 Apostelnamen unsere Namen. Wir alle sind gemeint, Getaufte und Gefirmte oder Konfirmierte, Frauen und Männer. Wir sollen die Nöte unserer Mitmenschen, gerade der Schwächsten, wahrnehmen.

Jesu Vollmacht macht uns stark und sie beauftragt jede und jeden von uns, auf unsere eigene Weise Menschen kreativ und befreiend zu begegnen.

Und das bedeutet für alle:  Das Himmelreich ist nahe.

Inspiriert durch: Bernd Mönkebüscher – Weggedanken 14.06.2020

Fürbitten

„Als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen;
denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.“
Ihn, den guten Hirten, bitten wir:

Wir bitten dich für alle Menschen, die krank, einsam,
verzweifelt und perspektivlos sind.
Stille – Du gütiger Gott: Sei du ihr Hirte

Wir bitten dich für die Frauen und Männer,
die sich auf den Weg machen, um den Müden und Erschöpften
das Himmelreich zu bringen.
Stille – Du gütiger Gott: Sei du ihr Hirte

Wir bitten dich für die Kirche,
die Priester und Ordensgemeinschaften und für alle,
die einen pastoralen Dienst ausüben und dabei die Bedürftigen wahrnehmen.
Stille – Du gütiger Gott: Sei du ihr Hirte

Wir bitten dich für die Menschen in unseren Gemeinden
und besonders für die, die ehrenamtlich tätig sind
und die heute ihren Dankeschön Abend feiern.
Stille – Du gütiger Gott: Sei du ihr Hirte

Wir bitten dich für alle jungen Menschen,
die sich um ihre Zukunft sorgen und sich für eine veränderte Welt einsetzen.
Stille – Du gütiger Gott: Sei du ihr Hirte

Wir bitten dich für die Menschen in der Ukraine
und in anderen Kriegsgebieten, die fliehen oder ihr Leben lassen müssen.
Stille – Du gütiger Gott: Sei du ihr Hirte

Wir bitten dich für unsere und alle Verstorbenen,
die wir in unserer Mitte vermissen.
Stille – Du gütiger Gott: Sei du ihr Hirte

Vater im Himmel, dein Sohn hat uns versprochen:
„Bittet und ihr werdet empfangen“.

So vertrauen wir darauf, dass du unsere Bitten erhörst durch ihn,
Jesus Christus, unseren Herrn.

16.06.2023

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