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155. Gemeindebrief zum 09.07.2023

Einführung zum 14. Sonntag im Jahreskreis

Schon merkwürdig, aber beim heutigen Evangelium musste ich plötzlich an den Bahnhof Köln Süd denken. Da bin ich vor vielen Jahren fast täglich mit dem Zug angekommen und später wieder Richtung Köln Hauptbahnhof abgefahren.

Übermäßig anheimelnd war er nicht gerade, dieser Bahnhof. Aber in den Gängen bzw. Treppen zum Bahnsteig hingen einige Bibelzitate an der Wand. Gut lesbar, hinter schützendem Glas oder Kunststoff und mit einem Rahmen versehen. Und so auch diese Stelle aus dem heutigen Evangelium:
„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!
Ich will euch erquicken.“

Was für eine Zusage Jesu! Und dazu eben nicht wie gewohnt sonntags an vertrauter Stelle im Gottesdienst zu hören, sondern im Alltag, quasi im Vorbeigehen zu lesen.
Und – an alle gerichtet, die genau das tun, nämlich dort vorbeigehen und diese Worte lesen.

Ralph Bergande

Mitglied der Pilgergruppe Rom
Mail: pgr@dormagennord.de

 

1. Lesung: Sach 9, 9 - 10

Lesung aus dem Buch Sachárja:

So spricht der Herr:

Juble laut, Tochter Zion!

Jauchze, Tochter Jerusalem!

Siehe, dein König kommt zu dir.

Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil,

demütig ist er und reitet auf einem Esel,

ja, auf einem Esel, dem Jungen einer Eselin.

Ausmerzen werde ich die Streitwagen aus Éfraim

und die Rosse aus Jerusalem,

ausgemerzt wird der Kriegsbogen.

Er wird den Nationen Frieden verkünden;

und seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer

und vom Strom bis an die Enden der Erde.

2. Lesung: Röm 8, 9.11 - 13

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom:

Schwestern und Brüder!

Ihr seid nicht vom Fleisch, sondern vom Geist bestimmt,
da ja der Geist Gottes in euch wohnt.
Wer aber den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm.
Wenn aber der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat,
dann wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat,
auch eure sterblichen Leiber lebendig machen, durch seinen Geist, der in euch wohnt.
Wir sind also nicht dem Fleisch verpflichtet, Brüder und Schwestern,
sodass wir nach dem Fleisch leben müssten.
Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben;
wenn ihr aber durch den Geist die sündigen Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben.

Evangelium: Mt 11, 25 - 30

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

In jener Zeit sprach Jesus:
Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast.
Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden;
niemand kennt den Sohn, nur der Vater,
und niemand kennt den Vater, nur der Sohn
und der, dem es der Sohn offenbaren will.
Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!
Ich will euch erquicken.
Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir;
denn ich bin gütig und von Herzen demütig;
und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.
Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Gedanken zum Evangelium

Es tut mir immer richtig gut, wenn jemand einen Gedanken treffend oder berührend formuliert.
Das gilt auch für Worte, die mich in meinem Glauben stärken und beflügeln.

So wieder geschehen vor einer Woche beim Lesen eines Gesprächs in der Zeitung „Christ und Welt“, in dem der Theologe Paul Tillich zitiert wird. Der hat seinerzeit von dem „großen Ja“ gesprochen, das über unserem Leben liegt.

Oder auch, schon viele Jahre zurückliegend, eine Predigt unseres früheren Diakons Herrn Platz während einer Sonntagsmesse in St. Gabriel: „Wer ist Jesus für mich? Für mich ist Jesus der, der für mich ist!“. Der für mich da ist. Der mir zur Seite steht. Der zu mir hält und mich in meinem Leben als guter Freund begleitet. Dieses einfache Glaubensbekenntnis hat mich damals so sehr berührt, dass ich es bis heute nicht vergessen habe.

Und nun spricht dieses „große Ja“ und „der, der für mich ist“ im heutigen Evangelium die Worte:

„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“

Kommt mit allem, was euch bedrückt, was euch Angst macht, was ihr nicht versteht. Kommt mit euren Fehlern, dem was euch nicht gelungen ist, mit eurer Trauer, aber vielleicht auch mit eurem Dank oder mit allem, was euch froh macht. So verstehe ich diese Einladung Jesu. Seine Güte und Demut, Zugewandtheit und Menschenliebe ziehen sich wie ein roter Faden durch seine ganze Frohe Botschaft.

Und jetzt noch das: Alle! „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ Für mich gilt diese Einladung, diese Zusage wirklich allen Menschen. Auch denen anderer Religionen und Kulturen, oder denen, die nicht religiös sind. Vielleicht erscheint Gott diesen Menschen ja auf andere Art und Weise als uns Christen, aber bestimmt immer mit der gleichen Menschenfreundlichkeit!

Alle! Mit dieser Glaubensüberzeugung werde ich sehr nachdenklich – und ehrlich gesagt auch verständnislos - angesichts der vielen beschränkenden, ja ausschließenden Regeln unserer katholischen Kirche. Ausschließend u.a. gegenüber Frauen, Geschiedenen, queeren Menschen. Und allen Laien gegenüber, die in unserer Kirche nicht nur mitarbeiten, sondern auf demokratische Weise auch mitentscheiden wollen. Was dadurch für viele gläubige Menschen an Unglück, Unheil oder Frustration verursacht wurde und immer noch wird, ist wahrscheinlich nur schwer vorstellbar.

Für mich stehen viele dieser menschengemachten Regeln ganz klar im Gegensatz zu Jesu Einladung im heutigen Evangelium „Kommt alle!“ -  
Ein „Ihr aber, Ihr seid nicht gemeint!“ finde ich da nicht.

Fürbitten

Menschenfreundlicher Gott,
Du wendest Dich allen Menschen zu.
Wir bitten Dich:

  1. Für alle Frauen, die Deinem Ruf nach einer Tätigkeit als Priesterin oder
    Diakonin in unserer katholischen Kirche folgen wollen.
    Ermächtigender Gott! –
    Wir bitten Dich, erhöre uns!

  2. Für alle geschiedenen Menschen.
    Zugewandter Gott! –
    Wir bitten Dich, erhöre uns!

  3. Für alle queeren Menschen.
    Liebender Gott! –
    Wir bitten Dich, erhöre uns!

  4. Für alle Kinder und Jugendlichen.
    Verständnisvoller und Mut machender Gott! –
    Wir bitten Dich, erhöre uns!

  5. Für alle ehrenamtlich oder beruflich
    in unserer katholischen Kirche tätigen Menschen.
    Hoffnung gebender Gott! –
    Wir bitten Dich, erhöre uns.

  6. Für alle leidenden und trauernden Menschen.
    Heilender und tröstender Gott! –
    Wir bitten Dich, erhöre uns.

Guter Gott!
Danke, dass Du Dich allen Menschen zuwendest
und dass wir diese Bitten und alles,
was wir im Herzen tragen, vor Dich bringen dürfen!
Amen.

Segen

Du bist gesegnet
in all deinem Ringen und Aufbegehren
in all deiner Sehnsucht und Hoffnung
in all deiner Verzweiflung und Angst
Du bist aufgehoben
in deinem Selbstwerdungsweg
in deinem Einsatz für die Menschenrechte
in deinem Mitgefühl mit aller Kreatur

Du bist gesegnet
jeden Tag neu
in deiner Einmaligkeit und Stärke
in deiner Einzigartigkeit und Schwäche
(Pierre Stutz)

07.07.2023

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