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156. Gemeindebrief zum 16.07.2023

Einführung

Wenn Sie die ersten Worte des heutigen Evangeliums hören, lesen, dann verdrehen Sie vielleicht die Augen und denken:
„Oh, das Gleichnis schon wieder. Das habe ich schon so oft gehört, gelesen.“
Vielleicht schalten Sie gleich ab, weil Sie nichts Neues mehr erwarten.
Das Evangelium vom Sämann haben wir alle schon viele Male gehört und könnten es fast auswendig rezitieren.

Aber das Schöne an den Worten Jesu ist, - und das haben Sie sicher auch schon viele Male erlebt -, dass wir sie bei jedem Hören und Lesen anders hören und anders aufnehmen. Je nach innerer Verfassung, nach Stimmungslage können wir doch noch neue Nuancen entdecken und die Gleichnisse anders, neu, interpretieren.

So wünsche ich uns, dass wir uns heute neu von den Worten Jesu aufrütteln lassen können.

Birgit Linz-Radermacher

Mail: pgr@dormagennord.de

Kyrie-Ruf

Die Worte Jesu wollen uns berühren und herausfordern und bewegen!
Lassen wir uns bewegen, damit es bewirken kann, was es verspricht.

Herr, erbarme dich.

Die Wort Jesu wollen in uns lebendig und wirksam werden.
Lassen wir uns berühren und gemeinsam versuchen, es umzusetzen.

Christus, erbarme dich.

Die Worte Jesu sind nicht dazu da, mit geschliffenen Worten verkündet zu werden,
sondern wir sollen mutig und entschlossen handeln und seine Worte Tat werden lassen.

Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Gott, du säst dein Wort aus und willst, dass wir wachsen und Frucht bringen.
Lass uns heute dein Wort neu und anders hören und aufnehmen,
damit wir dich so erkennen wie du es von uns erwartest.
Und damit wir wir dein Wort zu all jenen tragen,
die auf einen Funken Hoffnung und Freude für ihr Leben warten.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Jes 55,10-11

Lesung aus dem Buch Jesája 

So spricht der HERR:

Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt

und nicht dorthin zurückkehrt, ohne die Erde zu tränken

und sie zum Keimen und Sprossen zu bringen,

dass sie dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen,

so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt:

Es kehrt nicht leer zu mir zurück, ohne zu bewirken, was ich will,

und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe

Wort des lebendigen Gottes für uns.

Dank sei Gott.

Röm 8,18-23

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.

Schwestern und Brüder!

Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll.

Denn die Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne und Töchter Gottes.

Gewiss, die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin:
Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.
Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber nicht nur das, sondern auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, auch wir seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne und Töchter Gottes offenbar werden.

Wort des lebendigen Gottes für uns.

Dank sei Gott.

Mt 13,1-23

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.
Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn.
Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich.
Und alle Menschen standen am Ufer.
Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen.
Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.
Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.
Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.
Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat.
Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.
Wer Ohren hat, der höre!

Evangelium unseren Herrn Jesus Christus

Lob sei dir Christus.

Gedanken zum Evangelium

Wer Ohren hat, der höre.
Wie oft haben wir diese Worte schon gehört.
Und wie oft sind uns diese und viele andere Worte und Gleichnisse „zum einen Ohr rein und zum anderen wieder rausgegangen.“
Wir hören sie, aber da wir abgeschaltet haben, erreichen sie uns nicht mehr wirklich.

Wir kennen die Interpretation dieses Evangeliums:
Bei uns soll die Saat auf guten Boden fallen und wir sollen Frucht bringen.

Gut und schön, würden wir ja gerne umsetzen.
Aber in der heutigen Zeit?
Unter diesen Umständen?
Bei dem, was sich alles in der Welt und nicht zuletzt
auch im kirchlichen Rahmen abspielt?
Da soll ich hören und auch noch Frucht bringen?

Die Realität sieht anders aus:
Nicht Frucht, sondern Frust, Trauer, Verzweiflung, Wut, Resignation.

In dieser Stimmung habe ich das Gleichnis Jesu noch einmal gelesen.
Und es hat mich entgegen aller Erwartung doch getroffen!

Mir ist diesmal etwas aufgefallen, was ich bisher nicht wahrgenommen habe.

Jesu erzählt vom Sämann, der ausgeht, um zu säen. In den ersten drei Sätzen hören wir, dass die Saat aus den unterschiedlichsten Gründen nicht aufgeht. Dreimal Frust und Enttäuschung. Dann erst kommt ein positiver Satz.

Wenn wir es in Relation setzen, überwiegt das Negative. Drei Sätze keine Frucht, ein Satz Frucht.

Und dann der Satz; Wer Ohren hat, der höre.

Heute habe ich dieses Verhältnis gehört, hat mich dieses Verhältnis berührt:

Wir sollen nicht über die verlorene Saat resignieren, auch wenn der Verlust vielleicht zu überwiegen scheint. Wir sollen die Frucht sehen, die aufgeht und die mit ihrem Ertrag den Verlust „teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach“ überwiegt. 

Das was falsch läuft, was uns ärgert, aufregt, resignieren lässt, ist drei Sätze groß, aber es íst nichts gegen den Satz: „Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.“

Jesus setzt dem Nicht-Gelingen das Wirken Gottes entgegen. Mögen unsere Sorgen, unsere Verzweiflung noch so groß sein, sie sind nicht die entscheidenden Sätze. Den letzten Satz hat Gott, das letzte Wort ist Gottes Liebe.

Gott zeigt sich auch hier wieder anders als manche ihn denken: Er ist nicht der, der uns verdammt, der uns untergehen lässt, der uns machtvoll regiert und uns nichts zutraut. Im Gegenteilig: Gott bewirkt, dass sein Plan mit den Menschen und der Welt trotz aller Widerstände am Ende doch erfolgreich sein wird. Er traut uns zu, Frucht zu bringen.

Wenn wir also heute dieses viel gelesene und gehörte Evangelium nochmal lesen und hören, lesen und hören wir es nicht nur mit den Ohren, sondern lassen uns im Herzen davon berühren.

Lassen wir uns treffen und provozieren. Lassen wir uns anstacheln, nie aufzugeben. Lassen wir uns nicht unterkriegen von allem Negativen.

Öffnen wir uns der Liebe Gottes und lassen wir uns von Ihm mit Mut und Hoffnung erfüllen, dann können wir entgegen aller Erwartungen „Frucht bringen teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.“

Ein etwas anderes Glaubensbekenntnis von Dorothee Sölle.

Ich glaube an Gott
der die Welt nicht fertig geschaffen hat
wie ein Ding das immer so bleiben muss
der nicht nach ewigen Gesetzen regiert
die unabänderlich gelten
nicht nach natürlichen Ordnungen
von Armen und Reichen
Sachverständigen und Uniformierten
Herrschenden und Ausgelieferten
ich glaube an Gott
der den Widerspruch des Lebendigen will
und die Veränderung aller Zustände
durch unsere Arbeit
durch unsere Politik

Fürbitten

Lasst uns heute Gott in besonderer Weise bitten, dass wir mit dem Herzen hören und aufgeschlossen sind für das, was Er will, und wir es in die Tat umsetzen.

  • Für uns alle, dass wir immer tiefer erkennen, dass das Wort Gottes eine Frohe Botschaft ist, die Leben weckt und nicht verurteilt.
  • Für uns alle, dass wir nicht nur mit den Ohren hören,
    sondern auch mit dem Herzen die Botschaft Jesu erleben können.
  • Für uns alle, dass wir nicht verzweifeln und resignieren angesichts der Probleme,
    aber weiter den Mut haben für Gottes Wort zu kämpfen.

Herr, du schenkst uns dein Wort, lass es in uns wirken und Frucht bringen!

Segen

Herr segne uns
mit dem Reichtum und der Fülle seines Wortes.
Die Sonne deiner Gnade scheine über uns,
das Wasser der Taufe gebe uns Entschiedenheit und Tatkraft.
Und am Ende lasse uns reiche Frucht bringen, dass wir uns für
Gerechtigkeit, Frieden, Gleichberechtigung und deine Liebe einsetzen.

Segne uns im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

14.07.2023

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