zurück

165. Gemeindebrief zum 17.09.2023

24. Sonntag im Jahreskreis am 16.09./ 17.09.2023

Einführung

Jeder von uns lebt sein eigenes Leben, jeder von uns hat eigene Vorstellungen davon, was für ihn im Leben wichtig ist. Wir Christen haben jedoch eine gemeinsame Verbindung. Keiner von uns lebt für sich allein. Der Glaube an Christus ist es, was uns miteinander verbindet.

Klaus Koltermann, Pfarrer

Conrad-Schlaun-Straße 5, 41542 Dormagen

Telefon: 02133 91591

Mail: pastor.koltermann@dormagen-nord.de

Erste Lesung Sir 27, 30 – 28, 7 (27, 33 – 28, 9)

aus dem Buch Jesus Sirach.

27, 30Groll und Zorn, auch diese sind Gräuel

und ein sündiger Mann hält an ihnen fest.

28, 1Wer sich rächt, erfährt Rache vom Herrn;

seine Sünden behält er gewiss im Gedächtnis.

2Vergib deinem Nächsten das Unrecht,

dann werden dir, wenn du bittest, deine Sünden vergeben!

3Ein Mensch verharrt gegen einen Menschen im Zorn,

beim Herrn aber sucht er Heilung?

4Mit einem Menschen gleich ihm hat er kein Erbarmen,

aber wegen seiner Sünden bittet er um Verzeihung?

5Er selbst – ein Wesen aus Fleisch, verharrt im Groll.

Wer wird seine Sünden vergeben?

6Denk an das Ende,

lass ab von der Feindschaft,

denk an Untergang und Tod

und bleib den Geboten treu!

7Denk an die Gebote

und grolle dem Nächsten nicht,

denk an den Bund des Höchsten

und übersieh die Fehler!

Zweite Lesung Röm 14, 7–9

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.

Schwestern und Brüder!

7Keiner von uns lebt sich selber

und keiner stirbt sich selber:

8Leben wir,

so leben wir dem Herrn,

sterben wir,

so sterben wir dem Herrn.

Ob wir leben oder ob wir sterben,

wir gehören dem Herrn.

9Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden,

um Herr zu sein über Tote und Lebende.

Gedanken zu dieser Lesung

Wir, zumindest die Mehrheit, verstehen unsere Gesellschaft gerne als eine offene Gesellschaft. Wir haben Werte und Grundrechte wie das Recht, seine Meinung zu äußern, sich zu versammeln und im Großen und Ganzen das Leben zu leben, das man möchte - solange man andere damit nicht allzu sehr bedrängt. Doch was in der Theorie ganz einfach klingt, ist in der Praxis oft schwer. Denn manchmal weichen die Vorstellungen, wie jemand sein Leben führen möchte, schon sehr weit von unseren eigenen ab. In einem Land, in dem nun verschiedene Lebensentwürfe, verschiedene sexuelle Orientierungen und verschiedene Religionen zusammenkommen, kann es also sehr leicht Spannungen geben. Wenn es schon schwer ist, den anderen zu tolerieren, also ihn und seine Haltung zu ertragen und leben zu lassen, dann ist es noch viel schwerer, den anderen zu respektieren, also ihn zu achten und die Werte anzuerkennen, hinter denen er steht.

Mit Respekt und Toleranz tut sich auch leider unsere Kirche schwer oder insbesondere die Entscheidungsträger in der Hierarchie.  Oft war sie in ihrer Geschichte viel zu sehr damit beschäftigt, sich von der Welt, von anderen Glaubensrichtungen oder Lebenseinstellungen abzugrenzen. Wie schwer sich die Kirche in früheren Jahren mit Ehen verschiedener Konfessionen getan hat, wissen viele aus eigener, schmerzlicher Erfahrung. Wie schwer sich die Kirche mit anderen sexuellen Orientierungen und Lebenswelten getan hat, wurde im vergangenen Jahr deutlich (oder vor einigen Wochen mit der Maßregelung eines Priesters in Mettmann…). Erst nach dem Outing einer ganzen Reihe kirchlicher Mitarbeiter, darunter auch einiger Priester, wurde das Arbeitsrecht geändert. Immerhin sind das zwei Beispiele, bei denen unsere Kirche zeigt, dass Veränderungen möglich sind. Doch für eine Religion der Nächstenliebe hat die Kirche noch viele Defizite.

Der Abschnitt aus dem Römerbrief hat auf den ersten Blick wenig mit Respekt und Toleranz zu tun. In den Versen vor diesem Abschnitt geht Paulus auf ein Streitthema ein, von dem er wohl bei der Vorbereitung seiner Reise nach Rom gehört hat. Die einen Mitglieder der Gemeinde essen Fleisch, die anderen nicht. Die einen halten sich in ihrem Leben an besondere Tage, die anderen nicht. Paulus formuliert da sehr allgemein und vage. In der Antike war es üblich, dass das Fleisch, das bei der Opferung an die Tiere übrigblieb, auf dem Markt verkauft wurde. Wer also Fleisch aß, konnte durchaus auch etwas von einem Tier erwischen, das den heidnischen Göttern geopfert worden war. Für manche Christen war das Grund genug, ganz auf Fleisch zu verzichten. Sie wollten den heidnischen Göttern diese Ehre nicht erweisen und deren Fleisch verzehren. Andere standen über diesen Dingen. Sie glaubten schließlich nicht an die Götter, für sie war es Fleisch wie jedes andere auch. Das gleiche galt für die Feiertage, die immer etwas mit dem römischen Staatskult zu tun hatten. Christliche Feiertage gab es noch nicht. So gab es unterschiedliche Lebensweisen innerhalb der christlichen Gemeinde.

Paulus ruft hier zu Toleranz und Respekt für die unterschiedlichen Lebensweisen auf. Wir wissen aus unserer Lebenswelt, dass Toleranz und Respekt eine Grenze haben müssen. Welche Meinung muss ich ertragen und welche geht zu weit, welche ist vielleicht sogar Hetze gegen andere Menschen? Um das zu beurteilen, ist es gut, wenn es eine gemeinsame Basis gibt, auf die man sich berufen kann.

Für Paulus ist diese Basis klar: Christus ist durch seinen Tod und seine Auferstehung Herr über Tote und Lebendige. Die Christen, die sich ja auf ihn berufen, leben auf dieser Basis. Wir leben alle nicht im luftleeren Raum, keiner ist sein eigenes Universum, sondern wir leben im Herrn. Jesus Christus ist unsere Orientierung, im Glauben an ihn sollen wir unser Leben gestalten. Aber Jesus hat uns nicht auf alle Fragen des Lebens eine Antwort gegeben. Ihm selbst war der Sinn eines Gesetzes wichtiger als dessen Buchstabe. Er hat den Jüngern keine detaillierten Anweisungen gegeben, sondern eine Haltung, mit der sie durchs Leben gehen und ihren Glauben in die Tat umsetzen sollen.

Mit Christus als Basis sollte (oder vielmehr müsste) es möglich sein, mit unterschiedlichen Lebensweisen umzugehen. Christinnen und Christen sollten einen Weg finden, damit umzugehen, wenn der eine Probleme mit dem Fleisch von Opfertieren hat, der andere nicht. Sie sollten damit umgehen können, wenn den einen der normale Sonntagsgottesdienst, den anderen Lobpreisgottesdienste oder ganz andere Formen ansprechen. Sie sollten damit umgehen können, dass es unterschiedliche Lebensrealitäten gibt, unterschiedliche sexuelle Orientierungen, ja, sogar unterschiedliche Ansichten darüber, wie wir mit unserem Glauben genau Kirche sein wollen. Dabei geht es nicht um Beliebigkeit. Denn die Basis, auf der wir stehen sollen, ist Christus. Er ist die Marke, an der wir Christen uns ausrichten müssen. Christus, der während seines Lebens nichts anderes als Toleranz und Respekt gelebt hat, sollte hier auch alle Entscheidungsträger in Hierarchie wachrütteln.

Keiner von uns lebt sich selber, keiner stirbt sich selber. Wir leben und wir sterben auf der Basis von Jesus Christus. Damit das gelingt, müssen wir immer wieder aufeinander zugehen, viel miteinander reden in gegenseitiger Toleranz und gegenseitigem Respekt. Das ist manchmal sicher schwierig. Aber unser Herr ist Christus, er geht mit uns durch das Leben und durch den Tod. Mit ihm können wir nicht in die Irre gehen. Vertrauen wir auf ihn!                                         

Pastor Klaus Koltermann

Evangelium Mt 18, 21–35

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit

21trat Petrus zu Jesus

und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben,

wenn er gegen mich sündigt?

Bis zu siebenmal?

22Jesus sagte zu ihm:

Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal,

sondern bis zu siebzigmal siebenmal.

23Mit dem Himmelreich

ist es deshalb wie mit einem König,

der beschloss, von seinen Knechten Rechenschaft zu verlangen.

24Als er nun mit der Abrechnung begann,

brachte man einen zu ihm,

der ihm zehntausend Talente schuldig war.

25Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte,

befahl der Herr,

ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß,

zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen.

26Da fiel der Knecht vor ihm auf die Knie

und bat: Hab Geduld mit mir!

Ich werde dir alles zurückzahlen.

27Der Herr des Knechtes hatte Mitleid,

ließ ihn gehen

und schenkte ihm die Schuld.

28Als nun der Knecht hinausging,

traf er einen Mitknecht,

der ihm hundert Denáre schuldig war.

Er packte ihn,

würgte ihn

und sagte: Bezahl, was du schuldig bist!

29Da fiel der Mitknecht vor ihm nieder

und flehte: Hab Geduld mit mir!

Ich werde es dir zurückzahlen.

30Er aber wollte nicht,

sondern ging weg

und ließ ihn ins Gefängnis werfen,

bis er die Schuld bezahlt habe.

31Als die Mitknechte das sahen,

waren sie sehr betrübt;

sie gingen zu ihrem Herrn

und berichteten ihm alles, was geschehen war.

32Da ließ ihn sein Herr rufen

und sagte zu ihm: Du elender Knecht!

Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen,

weil du mich angefleht hast.

33Hättest nicht auch du

mit deinem Mitknecht

Erbarmen haben müssen,

so wie ich mit dir Erbarmen hatte?

34Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern,

bis er die ganze Schuld bezahlt habe.

35Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln,

wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.

Fürbitten

Jesus Christus, du bist unser Herr. Voll Vertrauen bitten wir dich:

- In unserer Kirche gibt es unterschiedliche Strömungen und Meinungen. Lass uns nie vergessen, dass wir uns alle an dir ausrichten wollen. Lehre uns Respekt und Toleranz.

- Die unterschiedlichen Meinungen und Lebensformen in unserer Gesellschaft stehen sich manchmal unversöhnlich gegenüber. Schenke uns Offenheit füreinander. Hilf uns, dass wir uns darauf verständigen, was die Basis unserer Gesellschaft ist.

- Schenke uns ein offenes Ohr für die Beweggründe der Menschen, ein offenes Herz für ihre Not und eine helfende Hand, um zu tun, was nötig ist.

- Lass uns nie vergessen, dass du unser Herr bist. Hilf uns, dass wir uns immer wieder an dir ausrichten.

- Lass die Menschen, die ihr Leben lang an dich geglaubt haben, erfahren, dass wir nicht nur mit dir leben, sondern auch mit dir auferstehen.

Herr, Jesus Christus, Herr unseres Lebens, dich loben wir in Ewigkeit. Amen.

14.09.2023

drucken | zurück