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168. Gemeindebrief zum 08.10.2023

27. Sonntag im Jahreskreis - LJ A

EINFÜHRUNG

Guten Morgen zusammen.

Es gibt sicher viele Dinge, an denen wir uns freuen dürfen.

Jetzt, im Herbst sind es vor allem die Früchte, die reif sind:
Birnen, Nüsse, Kürbisse und Weintrauben.

Das gibt einem irgendwie das Gefühl von Fülle und Zufriedenheit,
aber – im christlichen Sinn – auch von Dankbarkeit.
Wir dürfen danken, dass wir in Fülle ernten dürfen.
Denn Gott hat uns seine Schöpfung anvertraut.
Er möchte, dass es uns gut geht.

Pater Jaison Kavalakatt CMI, Pfarrvikar
Mail: pater.jaison@dormagen-nord.de

1. LESUNG - JES 5,1-7

Lesung aus dem Buch Jesaja.

Ich will singen von meinem Freund, das Lied meines Liebsten von seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fruchtbaren Höhe. Er grub ihn um und entfernte die Steine und bepflanzte ihn mit edlen Reben. Er baute in seiner Mitte einen Turm und hieb zudem eine Kelter in ihm aus. Dann hoffte er, dass der Weinberg Trauben brächte, doch er brachte nur faule Beeren. Und nun, Bewohner Jerusalems und Männer von Juda, richtet zwischen mir und meinem Weinberg! Was hätte es für meinen Weinberg noch zu tun gegeben, das ich ihm nicht getan hätte? Warum hoffte ich, dass er Trauben brächte?

Und er brachte nur faule Beeren! Jetzt aber will ich euch kundtun, was ich mit meinem Weinberg mache: seine Hecke entfernen, sodass er abgeweidet wird; einreißen seine Mauer, sodass er zertrampelt wird. Zu Ödland will ich ihn machen. Nicht werde er beschnitten, nicht behackt, sodass Dornen und Disteln hochkommen. Und den Wolken gebiete ich, keinen Regen auf ihn fallen zu lassen.

Denn der Weinberg des Herrn der Heerscharen ist das Haus Israel und die Männer von Juda sind die Pflanzung seiner Lust. Er hoffte auf Rechtsspruch –doch siehe da: Rechtsbruch, auf Rechtsverleih –doch siehe da: Hilfegeschrei.

ANTWORTPSALM - PS 80,9. 12-16. 19-20

Kv: Der Weinberg des Herrn ist das Haus Israel. – Kv (GL 46,1)

Einen Weinstock hobst du aus in Ägypten, *

du hast Völker vertrieben und ihn eingepflanzt.

Seine Ranken trieb er bis zum Meer *

und seine Schösslinge bis zum Eufrat! – (Kv)

 

Warum rissest du seine Mauern ein? *

Alle, die des Weges kommen, plündern ihn.

Der Eber aus dem Wald wühlt ihn um, *

es fressen ihn ab die Tiere des Feldes. – (Kv)

 

Gott der Heerscharen, kehre doch zurück, /

blicke vom Himmel herab und sieh, *

sorge für diesen Weinstock!

Beschütze, was deine Rechte gepflanzt hat, *

und den Sohn, den du dir stark gemacht! – (Kv)

 

Wir werden nicht von dir weichen. *

Belebe uns und wir rufen deinen Namen an.

Herr, Gott der Heerscharen, stelle uns wieder her, *

lass dein Angesicht leuchten und wir sind gerettet. – Kv

2. LESUNG - PHIL 4,6-9

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi.

Schwestern und Brüder! Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.

Im Übrigen, Brüder und Schwestern: Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht! Und was ihr gelernt und angenommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.

EVANGELIUM - MT 21,33-44

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohepriestern und den Ältesten des Volkes: Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm.

Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte holen zu lassen.

Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie. Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso.

Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn umbringen, damit wir sein Erbe in Besitz nehmen.

Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um.

Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt:    Was wird er mit jenen Winzern tun?

Sie sagten zu ihm: Er wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist.

Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; vom Herrn ist das geschehen und es ist wunderbar in unseren Augen? Und wer auf diesen Stein fällt,

wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen. Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden,  das die Früchte des Reiches Gottes bringt.

GEDANKEN ZUM EVANGELIUM

Das Evangelium von Heute bringt uns zu denken ob es vielleicht doch ein Krimi ist?

Die Geschichte hat zumindest alle guten Elemente, die ein Krimi so braucht: Reichtum, Neid, Habgier, Hinterlist, Gewalt und schließlich Mord. Aber da endet dann auch schon der mögliche Vergleich. Denn im Gegensatz zum Krimi am Sonntagabend ermittelt hier kein Kommissar, niemand sorgt für Gerechtigkeit und Anklage.
Die Geschichte bricht ab, und ja, die Zuhörenden werden sogar nach ihrer Meinung gefragt.

Diese biblische Geschichte von Heute bringt uns selbst zu fragen:
Wo ist da die Frohe Botschaft?
Gibt es denn eine „Auflösung“?
Wenn schon nicht für den Mord,
dann wenigstens für uns und unser besseres Verständnis?

Gleich zu Beginn der Erzählung weist Jesus ja selbst darauf hin, dass er ein Gleichnis erzählen wird. Ein biblisches Gleichnis lädt alle ein, die zuhören oder es lesen, zunächst mal das, was erzählt wird auf die eigene Situation oder auf ein aktuelles Geschehen zu übertragen, es sozusagen „gleich“ zu setzen.

In der Auslegungstradition für diese Geschichte war die Linie immer relativ klar: der Besitzer des Weinbergs ist Gott, die Pächter das Volk Israel, die Knechte galten als die Propheten, und schließlich Jesus als der Sohn des Weinbergbesitzers, der getötet wird. Verständlich ist diese Interpretation vor allem, wenn sie eingebunden ist in die historische Situation der ersten christlichen Gemeinden, als das Evangelium entstanden ist. Sie mussten und wollten sich in ihrer Jesusnachfolge abgrenzen von den jüdischen Gemeinden, die Jesus nicht als den Sohn Gottes anerkannten. Dennoch ist diese Auslegung, vor allem wenn man sie von ihrem historischen Hintergrund löst, nicht ganz unproblematisch. Schauen wir heute auf dieses Gleichnis, dann können wir unseren Fokus auch auf eine andere Aussage richten. Der Weinberg wird den Pächtern geliehen, sie aber wollen ihn behalten, alle Früchte für sich ernten.

Gerade erst haben wir Erntedank gefeiert, und es wurde uns wieder vor Augen geführt, dass wir Beschenkte sind. Gott vertraut uns die Schöpfung an, damit wir das davon nehmen können, was wir zum Leben brauchen – ja auch zu einem guten Leben, wie etwa ein Weinberg es verkörpert. Dafür dürfen wir dankbar sein. Und dennoch muss uns immer auch bewusst sein, dass diese Schöpfung, das was wir nutzen, ernten und bekommen, letztlich nicht uns gehört. Es ist uns anvertraut – und wir sollten sorgsam damit umgehen. Dass dies keineswegs selbstverständlich ist, dafür finden wir überall genügend Beweise in unserer Gesellschaft und in unserer Welt, ja, wahrscheinlich jede und jeder von uns im eigenen Alltag. Wir verhalten uns oft so, als ob uns die Welt gehören würde und als ob es gar keine Konsequenzen für das eigene Handeln gäbe. Dabei ist aber nicht nur die Schöpfung gemeint, die uns umgibt, sondern die ganze Existenz, unser ganzes Dasein. All das ist uns von Gott anvertraut! Gehen wir sorgsam damit um.

Zum Beispiel leben wir in Beziehungen, die wir pflegen. Wir haben Freundschaften und Familie. Beziehungen brauchen Zeit und Geduld und Freundlichkeit, oft ein gutes Wort, und noch viel öfter wahrscheinlich Schweigen oder sich sogar auf die Zunge zu beißen.

Wir leben in Gemeinschaften, in einer Stadt, einem Ort. Wir gehören vielleicht einem Verein an. Das braucht oft Engagement, Freude, Mitarbeit und Nachsicht mit anderen. Genauso soll es funktionieren oder funktioniert es in unserer Pfarrei.

Wir leben in und mit unserem eigenen Körper.
Auch er ist uns anvertraut.
Pflegen wir uns selbst an Körper, Geist und Seele – mit guter und gesunder Ernährung, mit Ruhezeiten, einem wohlwollenden und liebenden Blick auf und selbst, mit all den kleinen und großen Unperfektheiten – all das ist uns von Gott gegeben.
Genau so möchte er uns – und nicht, dass wir uns selbst darüber erheben und bestimmen, was gut und schlecht sein soll.

Vertrauen wir Gott, dass er es gut meint. Dort, wo der Mensch sich selbst an Gottes Stelle setzt, gerät dieses Wohlwollen in Vergessenheit, da kommt die Gerechtigkeit unter die Räder. Die Pächter im Weinberg haben das Vertrauen des Weinbergbesitzers missbraucht – Neid, Habgier, Gewalt und Mord waren die Folge.

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Das ist in gewisser Weise tatsächlich ein Gleichnis dafür, wenn der Mensch sich an Gottes Stelle setzt und nicht mehr anerkennt, dass es noch eine größere Verantwortung gibt. Die Welt gerät aus den Fugen. Menschen betrügen einander, hintergehen sich, sie manipulieren Natur und Mensch, ja selbst der Tod ist kein Hindernis mehr.

Fast wünscht man sich, dass diese biblische Erzählung doch ein Krimi am Sonntagabend wäre. Ein biblisches Gleichnis ist kein Krimi mit Auflösung.

Es bleibt als Erinnerung:
Gott vertraut uns seine Schöpfung an.
Handeln wir nach seinem Willen!

06.10.2023

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