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170. Gemeindebrief zum 22.10.2023

Manchmal fehlen einem die Worte. Es gibt Situationen, da ärgere ich mich, wenn mir keine richtige Erwiderung auf die scheinheilige Frage meiner Kollegin einfällt. Oder keine schlagfertige Antwort auf die Provokation meiner Freundin. Wenn ich die Situation nochmal gedanklich durchgehe, fällt mit meist eine kluge Entgegnung ein. Ich denke, da geht es mir wie vielen Menschen. Wer schlagfertig auf Angriffe reagieren kann, hat es gut.

Jesus pariert die Angriffe seiner Gegner im heutigen Evangelium schlagfertig.
Er kennt die Absicht und reagiert mit einer unerwarteten, einfachen,
aber sehr bemerkenswerten Antwort.

Angesichts der momentanen Lage in der Welt, vor allem in dem Land, in dem Jesus gelebt und gewirkt hat, fehlen uns auch die Worte, aber es ist eine andere Sprachlosigkeit. Denn der Hass, die Gewalt, das Leid lassen keine Worte zu.
Da können wir nur vor Verzweiflung schreien und still beten und alle Menschen, die unter der Gewalt leiden, Gott, unserer Mutter und unserem Vater, anvertrauen.

Birgit Linz-Radermacher
Vorsitzende des Pfarrgemeinderates

œMail: pgr@dormagennord.de

Liturgischer Gruß

Wenn wir uns sonntags zum Gottesdienst versammeln, ist es ein wenig wie eine kurze Rast auf unseren Wegen durch das Leben. Es tut gut innezuhalten und die Dinge in Ruhe anzuschauen, die uns in der Woche widerfahren sind, die auf uns zukommen.

Und wir können schauen, was Jesus uns für unseren Weg mitgibt, wie er uns begleitet, uns unterstützt und uns mit „Rat und Tat“ zur Seite steht.

Heute wollen wir auch ganz besonders an die Menschen in aller Welt denken, die keine Möglichkeit haben zur Ruhe zu kommen, inne zu halten, weil sie in Krieg, unter Terror und Gewalt um ihr Leben fürchten und kämpfen müssen.

So wollen wir uns vor Gott stellen und ihn bitten,
uns und alle Menschen in seine liebenden Hände zu nehmen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Der Herr ist in unserer Mitte. Er ist wirklich unter uns.

Kyrie

In vielen Situationen stellen wir unsere Mitmenschen bewusst vor
große Herausforderungen und provozieren unsere Familie, Freunde und Kollegen.
Herr, erbarme dich unser. Herr, erbarme dich unser.

Manchmal reagieren wir scheinheilig und nicht angemessen.
Christus, erbarme dich unser.

Wie oft fehlt auch uns eine friedfertige,
liebende Haltung den Mitmenschen gegenüber.
Herr, erbarme dich unser. Herr, erbarme dich unser.

Du, Herr, schenkst uns immer wieder durch deine Gegenwart und deine Unterstützung die Möglichkeit unsere Fehler zu erkennen und uns zu ändern. Danke!

1. Lesung Jes 45,1.4-6

Lesung aus dem Buch Jesája.

So spricht der HERR zu seinem Gesalbten, zu Kyrus:
Ich habe ihn an seiner rechten Hand gefasst, um ihm Nationen zu unterwerfen;
Könige entwaffne ich, um ihm Türen zu öffnen und kein Tor verschlossen zu halten.
Um meines Knechtes Jakob willen, um Israels, meines Erwählten, willen habe ich dich bei deinem Namen gerufen; ich habe dir einen Ehrennamen gegeben, ohne dass du mich kanntest.

Ich bin der HERR und sonst niemand; außer mir gibt es keinen Gott.
Ich habe dir den Gürtel angelegt, ohne dass du mich kanntest, damit man vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang erkennt, dass es außer mir keinen Gott gibt.

Ich bin der HERR und sonst niemand.

Wort des lebendigen Gottes für uns. Dank sei Gott.

2. Lesung 1 Thess 1,1-5b

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Thessalónich.

Paulus, Silvánus und Timótheus an die Kirche der Thessalónicher,
die in Gott, dem Vater, und in Jesus Christus, dem Herrn, ist:
Gnade sei mit euch und Friede!

Wir danken Gott für euch alle, sooft wir in unseren Gebeten an euch denken;
unablässig erinnern wir uns vor Gott, unserem Vater, an das Werk eures Glaubens,
an die Mühe eurer Liebe und an die Standhaftigkeit eurer Hoffnung
auf Jesus Christus, unseren Herrn.
Wir wissen, von Gott geliebte Brüder und Schwestern, dass ihr erwählt seid.
Denn unser Evangelium kam zu euch nicht im Wort allein,
sondern auch mit Kraft und mit dem Heiligen Geist und mit voller Gewissheit.

Wort des lebendigen Gottes für uns. Dank sei Gott.

Evangelium Mt 22,15-21

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen:
Meister, wir wissen, dass du die Wahrheit sagst und wahrhaftig den Weg Gottes lehrst und auf niemanden Rücksicht nimmst, denn du siehst nicht auf die Person.

Sag uns also:
Was meinst du? Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?

Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte:
Ihr Heuchler, warum versucht ihr mich? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt!
Da hielten sie ihm einen Denár hin.

Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers.
Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!

Evangelium unseren Herrn Jesus Christus.
Lob sei dir, Christus.

 

Dieser Text beschreibt eine neue Stufe des Konfliktes zwischen Jesus und seinen Gegnern. Nachdem Jesus in Jerusalem eingezogen ist und es zu ersten Fragen und Infragestellungen durch seine Gegner kam, hat er in verschiedenen Gleichnissen vom Reich Gottes seine Gegner indirekt entlarvt.

Die Gegner, die zeitweilig erbitterte Feinde sind, die jedoch durch ihren gemeinsamen Hass auf den Retter zu Freunden werden, wollen nun zum Gegenschlag ausholen und ihm aus religiös fundamentalistischem Hintergrund oder aus politischem Kalkül eine Falle stellen.

Die Frage, die sie stellen, zeigt für was die beiden Gruppen stehen: einerseits die Pharisäer als diejenigen, die sich mühen, genau nach Gottes Gesetz zu leben und andererseits die Anhänger des Herodes, des Königs von Roms Gnaden, als diejenigen, die sich mit der Fremdherrschaft arrangiert haben. Ihre Falle ist gut gewählt: entweder wird sich zeigen, dass Jesus Gott nicht ernst nimmt oder dass er ein politisch gefährlicher Aufrührer ist. Beides Grund genug, ihn zu beseitigen.

Und sie versuchen, Jesus bei seinen eigenen hohen Ansprüchen zu fassen. Sie fragen ihn nach der Wahrheit und wissen schon, dass er die Wahrheit sagen wird. In der Tat ist Jesus jemand, der nicht auf öffentliches Ansehen einer Person und den Augenschein ausgerichtet ist, sondern auf das Echte und Authentische, das Innere, eben die Wahrheit eines Menschen. Sie wissen schon, wer es mit Jesus zu tun hat, der hat es mit der Wahrheit über sich selbst und sein Leben zu tun.

Jesus reagiert schlagfertig und schlägt sie mit ihren eigenen Waffen.
"Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser zusteht!"
Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Denn Jesus fügt einen wichtigen Satz an: "Und gebt Gott, was Gott gehört!"

Jesus bringt es auf den Punkt: Das Geldstück, das das Bild des Kaisers trägt, gehört dem Kaiser, gebt es ihm. Und dann greift er den Hintergrund ihrer Frage auf und betont: "Und gebt Gott, was Gott gehört!" Jesus zeigt seinen Gegnern, dass es nicht um Politik oder Macht geht, sondern um die Menschen! Und der Mensch ist Gottes Bild.

Er greift zurück auf Gen 1,26: „Dann sagte Gott: Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser Ebenbild, das uns ähnlich ist.“

Gott hat sich in die Menschheit „eingeprägt“ wie bei einer Münze. Und der, der Gottes Bild ist und auf seinem Antlitz trägt, gehört Gott. Gebt Gott, was Gott gehört. Wir gehören Gott und sind herausgefordert uns und unser Leben Gott zurückzugeben, zurückzuschenken.

Dieser Satz Jesu bedeutet für uns auch, dass wir uns anschauen und begreifen können: wir tragen das Bild Gottes in unseren Gesichtern, in uns. Wir können uns annehmen, weil wir so vollkommen und fundamental von Gott angenommen, gewollt und geliebt sind, dass wir ihm „gleichen“. Gott vertraut sich uns an, dass wir ihn in dieser Welt „darstellen“, ihn mit allem, was wir sind, in diese Welt tragen.

Jeder Mensch ist eine Kostbarkeit, aber wie bei einer Münze haben wir eine Vorderseite und eine Rückseite. Und so kann ein Mensch das Bild Gottes, das er ist, auch trüben und entstellen.

Was aber könnte sich wandeln unter den Menschen, wenn wir uns alle immer wieder jeden Tag, bei jeder Begegnung als das sehen würden, was wir sind: als Gottes Ebenbild!

Könnten wir dann noch hassen, Kriege führen?

"Und gebt Gott, was Gott gehört!" Stellen wir uns dieser Forderung Jesu, der die Liebe und die Wahrheit Gottes gegen jeden Widerstand gelebt hat!

Fürbitte

Jesus, du hast deinen Gegnern aufgezeigt, was der Weg der Wahrheit ist.
Wenn wir diesem Weg folgen, werden wir den Forderungen gerecht,
die du an uns stellst.

Die Forderung, dass wir Gott geben, was ihm gehört,
was bedeutet, dass wir unser Leben nach dir ausrichten
und dir nachfolgen mit all unserem Denken und Tun.

Die Forderung, dass wir alle Menschen als dein Ebenbild sehen
und sie dementsprechend behandeln.

Die Forderung, dass wir so miteinander leben und umgehen,
dass wir deinem Bild gerecht werden.

Jesus, du forderst von uns nichts, was wir nicht erfüllen können,
aber wir tun uns oft schwer und so bitten wir dich, steh uns bei, hilf uns,
dass wir nicht aufgeben,
nicht an unseren eigenen Erwartungen verzweifeln,
sondern jeden Tag aufrichtiger und stärker uns dir anvertrauen
und uns leiten lassen, von dem, was du uns vorgelebt hast!

Jesus, unser Bruder, in diesen Tagen können und dürfen wir unser Gebet
nicht beenden ohne besonders um deinen Frieden zu bitten.

Wir beten für die vielen Toten und Verwundeten in Israel und im Gaza-Streifen
nach dem Angriff der Hamas und den Gegenangriffen von Israel.
Für alle, die für ein schnelles Ende dieser Gewalt
und für dauerhaften Frieden im Heiligen Land arbeiten und beten.

Wir beten für die Toten in der Ukraine – Soldaten im Einsatz bei Angriffen und
Verteidigung, zivile Menschen, Frauen und Männer, Alte und Kinder, getötet in
ihren Häusern, in Bunkern und Schutzräumen, in der Bahn oder auf der Straße.

Wir beten für so viele Menschen, die verletzt sind an Leib oder Seele; für alle,
die trauern um liebe Menschen aus der Familie oder aus ihrer Umgebung.

Wir beten für die Menschen, die überall auf der Welt unter Hass und Terror
leiden müssen und die sich ohnmächtig ausgeliefert fühlen.

Jesus, unser Bruder, sei mit ihnen, halte deine Hand über sie alle
und schenke ihnen deinen Frieden!

20.10.2023

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