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172. Gemeindebrief zum 05.11.2023

Einführung zum 31. Sonntag im Jahreskreis

Seit ihrem Erstkommunionsalter werden die Brüder Ernst und Paul von ihren Eltern jeden Sonntag in die Kirche geschickt. Die Sonntagspflicht.
Über die Jahre werden ihnen so die biblischen Texte und die Kirchenlieder vertraut.
Aus den Predigten nehmen sie jedoch nicht viel mit.
Denn die sind zwar lang, aber wenig kindgerecht.
Dass ihre Eltern sie nur selten begleiten, ist für sie normal:
Der Vater arbeitet auch sonntags oft im Home-Office.
Die Mutter bereitet das Mittagessen vor.
Weil sie samstags Fußball spielen, ist jeder Wochentag verplant.
Dabei hätten die beiden gerne auch mal einen Vormittag frei.

„Sie schnüren schwere und unerträgliche Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, selber aber wollen sie keinen Finger rühren, um die Lasten zu bewegen.“
Diese harsche Kritik Jesu an den Pharisäern müssen die Eltern von Ernst und Paul aber wohl nicht auf sich beziehen - oder vielleicht doch?
Oder vielleicht sogar jede und jeder von uns in der einen oder anderen Situation?
Lesen Sie in den Gedanken zum heutigen Evangelium, was die Gruppe Maria 2.0 unter anderem auch zu diesen Fragen für die Messe am 5. November in St. Gabriel vorbereitet hat.

Ralph Bergande
Mitglied der Pilgergruppe Rom
œMail: pgr@dormagennord.de

1. Lesung: Mal 1, 14b – 2, 2b.8 – 10

Lesung aus dem Buch Maleáchi:

Ein großer König bin ich, spricht der Herr der Heerscharen,
und mein Name ist bei den Völkern gefürchtet.

Jetzt gilt dieses Gebot für euch, ihr Priester:

Wenn ihr nicht hört und nicht von Herzen darauf bedacht seid,
meinen Namen in Ehren zu halten — spricht der Herr der Heerscharen —,
dann schleudere ich meinen Fluch gegen euch.

Ihr seid abgewichen vom Weg, ihr habt viele zu Fall gebracht durch eure Weisung;

ihr habt den Bund Levis zunichte gemacht, spricht der Herr der Heerscharen.

Darum mache ich euch verächtlich und erniedrige euch vor dem ganzen Volk,
so wie ihr euch nicht an meine Wege haltet und auf die Person seht bei der Weisung.

Haben wir nicht alle denselben Vater?

Hat nicht der eine Gott uns erschaffen?

Warum handeln wir dann treulos, einer gegen den andern,
und entweihen den Bund unserer Väter?

2. Lesung: 1 Thess 2, 7b – 9.13

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónich:

Schwestern und Brüder!

Wir sind euch freundlich begegnet:

Wie eine Mutter für ihre Kinder sorgt,
so waren wir euch zugetan und wollten euch nicht nur
am Evangelium Gottes teilhaben lassen, sondern auch an unserem Leben;
denn ihr wart uns sehr lieb geworden.

Ihr erinnert euch, Brüder und Schwestern, wie wir uns gemüht und geplagt haben.
Bei Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen,
und haben euch so das Evangelium Gottes verkündet.

Darum danken wir Gott unablässig dafür, dass ihr das Wort Gottes, das ihr durch unsere Verkündigung empfangen habt, nicht als Menschenwort,
sondern – was es in Wahrheit ist – als Gottes Wort angenommen habt;
und jetzt ist es in euch, den Glaubenden, wirksam.

Evangelium: Mt 23, 1 – 12

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

In jener Zeit sprach Jesus zum Volk und zu seinen Jüngern und sagte:

Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Schriftgelehrten und die Pharisäer.
Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen,
aber richtet euch nicht nach ihren Taten;
denn sie reden nur, tun es aber nicht.

Sie schnüren schwere und unerträgliche Lasten zusammen
und legen sie den Menschen auf die Schultern,
selber aber wollen sie keinen Finger rühren, um die Lasten zu bewegen.

Alles, was sie tun,
tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden:
Sie machen ihre Gebetsriemen breit
und die Quasten an ihren Gewändern lang,
sie lieben den Ehrenplatz bei den Gastmählern
und die Ehrensitze in den Synagogen
und wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt
und die Leute sie Rabbi – Meister – nennen.
Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen;
denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder.
Auch sollt ihr niemanden auf Erden euren Vater nennen;
denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel.
Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen;
denn nur einer ist euer Lehrer, Christus.
Der Größte von euch soll euer Diener sein.

Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt,
und wer sich selbst erniedrigt,
wird erhöht werden.

Gedanken zum Evangelium

von der Gruppe Maria 2.0 für die Messe am 5.11.23 um 11 Uhr in St. Gabriel

Das ist doch einmal ein großartiges Evangelium. Passend zur heutigen Zeit in der Kirche fallen mir sofort Namen und Personen ein, die Jesus heute gemeint haben könnte, als er vor den Pharisäern und Schriftgelehrten warnt.
Geht es Ihnen vielleicht genauso?
Wie sind ihre Bilder?
Wen stellen Sie sich vor?
Es geht aber in diesem Evangelium nicht um die, die Jesus und wir selbst allzu bereitwillig in unserer Vorstellung jetzt anklagen, sondern um uns und unser Handeln. Was Jesus fordert, ist zeitlos und ruft jeden von uns zur Selbstkritik auf.

Um das heutige Evangelium besser einordnen zu können, machen wir uns zunächst ein Bild der Pharisäer damals. Die Pharisäer sind gesetzestreue Menschen. Sie leben mit Selbstdisziplin, sie fasten, zahlen Tempelsteuern, halten den Sabbat und die Speise- und Reinigungsvorschriften. Sie kennen die 248 Gebote und 365 Verbote der Thora und versuchen konsequent sie zu befolgen. Das führt oft zu einem stolzen und selbstgerechten Verhalten. Sie halten sich für fromm und überhöhen ihre eigene Leistung. Dabei lassen sie Gottes Gnade völlig außer Acht. Jesus stand ihnen nahe, weil sie das Gesetz des Moses weitergaben und suchte mit ihnen den Dialog. Er stieß dabei bisweilen auf eine Gesetzestreue der Pharisäer, die dem wörtlichen Text der Gesetze, aber nicht der Liebe entsprang.
In der Lesung aus dem Paulusbrief hörten wir aber, dass die Menschen nur mit Liebe und Zugewandtheit erreicht werden können. Das lebt Jesus, indem er sich zu Gunsten des armen, schwachen und kranken Menschen einsetzt. Das brachte ihm oft Unverständnis statt Einsicht. Die Pharisäer reagierten darauf mitunter sogar mit Aggression, Wut und Drohung.
Was bedeutet das für uns heute?
Die Tendenz, dass einzelne sich aufgrund ihres Titels, ihres Amtes oder ihrer Position über andere erheben, gab es in der frühchristlichen Gemeinde, von der Matthäus schreibt, ist aber genauso auf heute übertragbar. In unserer heutigen Gesellschaft als auch in unserer Kirche gibt es aufgrund von Machtgefälle große Polarisierungen. Es herrscht ein Schwarz-Weiß-Denken nach der Auffassung: Ich habe Recht, der oder die andere hat Unrecht.
Dieses Gefälle ist aber nicht Jesu Botschaft. Er sagt, wir sind in der Kirche als Schwestern und Brüder alle auf einer Ebene, Vater ist Gott allein und unser einziger Lehrer ist Jesus.
Wie kann jeder und jede einzelne von uns nun die Botschaft Jesu nutzen, um gegen die Polarisierungen anzugehen? Wenn wir Spaltung überwinden wollen, geht es nur, wenn wir einander in Liebe zugetan sind.

Spaltung überwinde ich,
• wenn ich verstehen will, warum mein Gegenüber seine Meinung vertritt,
• wenn ich ihn oder sie positiv wertschätze,
• wenn ich für Veränderung bei mir selbst anfange.

Das bekannte Gebet eines chinesischen Christen
fasst das noch einmal gut zusammen:
Herr, erwecke Deine Kirche und fange bei mir an.
Herr, baue Deine Gemeinde und fange bei mir an.
Herr, lass Frieden überall auf Erden kommen und fange bei mir an.
Herr, bringe Deine Liebe und Wahrheit zu allen Menschen und fange bei mir an.

Fürbitten

von der Gruppe Maria 2.0 für die Messe am 5.11.23 um 11 Uhr in St. Gabriel

Zu Jesus Christus rufen und beten wir:

  • Für alle, die nach Titeln und Ehrungen gieren. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

  • Für alle, die in der Kirche ähnlichen Versuchungen ausgesetzt sind. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

  • Für alle, an denen Priester oder andere Seelsorger schuldig geworden sind. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

  • Für alle, die leben, was sie verkünden. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

  • Für alle, die in jedem Menschen einen Menschen sehen. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

  • Für alle, die an ein Krankenlager gefesselt sind. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

  • Für alle, die die Hoffnung verloren haben. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

  • Für unsere Toten, die wir vermissen. –
    Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

Für sie alle bitten wir dich.
Stärke sie und uns durch deine Botschaft – jetzt und alle Tage.
Amen.

Schlussgebet

von der Gruppe Maria 2.0 für die Messe am 5.11.23 um 11 Uhr in St. Gabriel

Guter Gott,

in deiner Treue sind unsere Wege gut aufgehoben.

Wir gehen in eine neue Woche.

Wir wissen nicht, was sie uns bringt.

Aber wir bitten um deinen Segen

für unsere Aufgaben, Arbeiten und Herausforderungen,

und um deinen Beistand,

wenn es Konflikte zu durchstehen gilt.

 

Behüte die Menschen, die wir lieben,

und auch die, die uns fremd bleiben.

Für die Kraftquellen, die du uns auftust,

danken wir dir.

Bei dir ist die Quelle des Lebens,

und in deinem Licht sehen wir das Licht.

In Christus, unserem Herrn.

Amen.

03.11.2023

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