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173. Gemeindebrief zum 12.11.2023

Einführung zum 32. Sonntag im Jahreskreis A

Ein junger Mann kommt zu einem Rabbi und fragt:
„Was kann ich tun, um die Welt zu retten?“
Der Rabbi antwortet:
„So viel wie du tun kannst, dass morgens die Sonne aufgeht.“
„Aber was sollen dann alle meine Gebete und meine guten Werke?“,
fragt der junge Mann.
Darauf der Rabbi: „Sie helfen dir, wach zu sein, wenn die Sonne aufgeht.“

Es geht also darum, wach zu sein, mitzubekommen, wenn etwas geschieht, z.B. wenn die Sonne aufgeht, ein Sturm aufzieht, ein Unheil naht ... vielleicht aber auch, wenn meine Meinung, meine Hilfe, mein Einsatz irgendwo gebraucht wird …

Auch im heutigen Evangelium ist die Quintessenz:
„Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“

Hildegard Ziemons

Mitglied der Pfarrbriefredaktion und bei Maria 2.0

E-Mail: pgr@dormagennord.de

 

1. Lesung: Weish 6,12-16

Lesung aus dem Buch der Weisheit.

Strahlend und unvergänglich ist die Weisheit;
wer sie liebt, erblickt sie schnell, und wer sie sucht, findet sie.

Denen, die nach ihr verlangen, kommt sie zuvor und gibt sich zu erkennen.
Wer sie am frühen Morgen sucht, braucht keine Mühe, er findet sie vor seiner Türe sitzen.

Über sie nachzusinnen, ist vollkommene Klugheit;
wer ihretwegen wacht, wird schnell von Sorge frei.

Sie geht selbst umher, um die zu suchen, die ihrer würdig sind;
freundlich erscheint sie ihnen auf allen Wegen und kommt ihnen entgegen bei jedem Gedanken.

2. Lesung: 1Thess 4,13-14 (Kurzfassung)

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónich.

Schwestern und Brüder!

Wir wollen euch über die Entschlafenen nicht in Unkenntnis lassen,
damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben.

Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist,
so wird Gott die Entschlafenen durch Jesus in die Gemeinschaft mit ihm führen.

Evangelium: Mt 25,1-13

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:
Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen.
Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, die klugen aber nahmen mit ihren Lampen noch Öl in Krügen mit.

Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein.

Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen!

Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht.

Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus! Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern und kauft es euch!

Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen.  Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! Er aber antwortete ihnen und sprach: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.

Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.

Gedanken zum Evangelium

Auf den ersten Blick ist das heute ein erschreckendes Evangelium. Da sind zum einen die angeblich „klugen“ Jungfrauen, die ihre Kolleginnen, die vergessen hatten, genug Öl mitzubringen, äußerst schroff zurückweisen und ihnen den Rat geben, neues Öl kaufen zu gehen. Das ist nur bedingt klug – werden die „törichten“ Jungfrauen doch in der Nacht keinen Händler mehr finden, der ihnen Öl verkauft – vor allem aber ist es nicht christlich!!

Auch das befremdliche Verhalten des Bräutigams will nicht zu dem passen, was Jesus uns zum Umgang mit Menschen, die einen „Fehler“ begangen haben, so oft schon vorgeführt hat.

Der Bräutigam schließt die Frauen, die zu spät kommen, vom Fest aus und behauptet noch dazu, er kenne sie nicht. Das ist kaum vorstellbar, hatte er sie doch gewiss eingeladen, ihn zum Festsaal zu begleiten.

Wenn wir zudem noch realisieren, dass diese Geschichte einen Hinweis darauf gibt, wie es im Himmelreich aussehen wird, dann kann uns angst und bange werden.

Die Botschaften, die wir zunächst hören, heißen: Du achtest am besten vor allem auf dich selbst und lässt die anderen außen vor! Du darfst keinen Fehler machen, sonst bist du nicht dabei und wirst ausgeschlossen!

Aber, ist es das, was die Geschichte uns sagen will?

Schauen wir noch einmal hin:

Als der Bräutigam kommt, kann er nur die mitnehmen,
die da sind, die „Klugen“ mit den brennenden Lampen. 

Das Törichte der fünf Jungfrauen ohne Öl in Krügen ist dann nicht Ihre erloschene Lampe, das Törichte ist, dass sie nicht vor Ort sind, sondern unterwegs, um Öl zu kaufen.

Könnte das nicht sogar bedeuten: wichtiger als deine brennende Lampe ist, dass du selbst da bist?

Die Menschen, die Jesus zugehört haben, haben Ihn doch genauso erlebt: Sie brachten wenig mit, mitunter gar nichts, sie hatten keinen Mut und keine Hoffnung mehr, doch die Begegnung mit Jesus heilte sie. Wir denken an den Zöllner, die Ehebrecherin, den Taubstummen, die arme Witwe … sie hatten nichts mitgebracht, aber sie glaubten seinen Worten und Jesus wandte sich ihnen zu und brachte ihnen das Himmelreich nahe.

Wie wäre das Gleichnis wohl weitergegangen, wenn die fünf Jungfrauen ohne Öl in Krügen nicht losgezogen wären, um Öl zu kaufen, sondern sie an Ort und Stelle geblieben wären, also die Ankunft des Bräutigams nicht verpasst hätten?

Vielleicht hätten sie sich „gestellt“ und sich zu ihrer Unachtsamkeit bekannt: „Wir waren unaufmerksam, wir haben zu wenig vorgesorgt, wir können dir nicht mit unserem Licht leuchten - aber wir sind hier, wir wollen dich begleiten, wir wollen bei dir sein und mit dir feiern.“

Die Frage, die dieses Gleichnis uns stellt, ist nicht, ob genügend Öl da ist.
Eher stellt es die Frage:
Bist du da, bist du erreichbar, wenn der Bräutigam kommt?
Bist du für Christus anzutreffen?

Das Gleichnis endet mit dem Aufruf zur Wachsamkeit.

Wachsamkeit ist etwas anderes, als vorausschauend für alle Eventualitäten vorgesorgt zu haben. Wachsamkeit ist etwas anderes als die Annahme, so viel dabei zu haben, dass es reichen kann, um sich den Einlass in den Hochzeitssaal verdient zu haben.

Wachsamkeit bedeutet, da zu sein, bereit zu sein, zu Fehlern und Schwächen zu stehen und die Chance nicht zu verpassen, sich auf Gott einzulassen ...
… und vielleicht auch, alles dafür zu tun, dass am nächsten Morgen die Sonne wieder aufgeht.

Fürbitten

Guter Gott, komm uns entgegen mit deiner grenzenlosen Liebe.
Sie macht unsere Herzen frei, offen und weise. Dich bitten wir:

  • Für alle Menschen,
    die wachsam ihren Mitmenschen begegnen.
  • Für alle Menschen,
    die weise Entscheidungen von großer Tragweite treffen müssen.
  • Für alle Menschen,
    die sich wachsam um Menschen in Not kümmern.
  • Für alle Menschen,
    die sich mutig für den Frieden einsetzen.
  • Für alle Menschen,
    die sich offen und weise für die Zukunft unserer Kirche einsetzen.

Um Weisheit, um Hoffnung, um Beistand bitten wir für uns und für alle,
für die wir in dieser Stunde beten durch Christus unseren Bruder und Herrn.
Amen.

Meditation

Klug oder töricht?

Wage es töricht zu sein,
aber nicht immer und überall.

Wage es, wenn es niemanden schaden wird,
dich aber glücklich macht.

Wage es, wenn andere dir Torheit unterstellen,
um dich lächerlich zu machen,
sie werden sich wundern,
wie wunderbar törichte Frauen sein können.

Wage es, wenn Phantasie gefragt ist,
denn neue Gedanken wirken oft töricht.

Wage es, wenn es der Liebe dient,
sie benötigt eine große Portion davon.

Wage es, wenn es um Glauben und Vertrauen geht
gegen alle Irrlichter und Beweisaufnahmen.

Wage es, dann hast du Öl für Deine Lampe.

 

Wage es klug zu sein,
um im Alltag immer neu zu erkennen,
was gut tut und nötig ist.

Wage es, wenn du siehst, dass Gerechtigkeit,
Frieden und Bewahrung der Schöpfung gefährdet sind.

Wage es, wenn du dich einsetzt,
verletztes Leben wieder aufzurichten.

Wage es, wenn Du ein Ziel vor Augen hast,
aber Zweifel dich wanken lassen.

Wage es, immer neu zu lernen und
auf Erfahrungen anderer zu hören.

Wage es, wenn es um Glauben und Vertrauen geht,
denn die Klugheit hat Dir Gott gegeben.

Wage es, dann hast du Öl für deine Mitmenschen.

                                                           (Petra Neumann-Janssen)

10.11.2023

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