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198. Gemeindebrief zum 05.05.2024

Einführung zum 6. Sonntag in der Osterzeit

Ich nenne euch Freunde, weil ich euch alles sage,
was ich von meinem Vater höre - so kennzeichnet im heutigen Evangelium
Jesus die Beziehung zwischen ihm und den Jüngern.
So ist es also auch, was er uns anbietet, anvertraut und zutraut,
wozu er uns beruft, wozu er uns für fähig hält und beauftragt. 

Klaus Koltermann, Pfarrer
Mail: pastor.koltermann@dormagen-nord.de

Erste Lesung Apg 10, 25–26.34–35.44–48

Lesung aus der Apostelgeschichte.

Als Petrus in Cäsaréa beim Hauptmann Kornélius ankam, ging ihm dieser entgegen und warf sich ihm ehrfürchtig zu Füßen.
Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.
Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
Noch während Petrus redete, kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten. Die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren, konnten es nicht fassen, dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde. Denn sie hörten sie in Zungen reden und Gott preisen.
Petrus aber sagte: Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?
Und er ordnete an, sie im Namen Jesu Christi zu taufen.
Danach baten sie ihn, einige Tage zu bleiben.

Zweite Lesung 1 Joh 4, 7–10

Lesung aus dem ersten Johannesbrief.

Geliebte, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.
Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe.
Darin offenbarte sich die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben.
Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.

Evangelium Joh 15, 9–17

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt.
Bleibt in meiner Liebe!
Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.
Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.
Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.
Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut.
Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt,
was ich von meinem Vater gehört habe.
Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.
Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet.
Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt.

Gedanken zum Evangelium

Bei Trauergesprächen erlebe ich es oft: Angehörige erzählen oft von den letzten Momenten, Eindrücken und Erfahrungen mit einem lieben Verstorbenen; nicht selten gehört dazu auch ein letztes Wort, ein Dank, ein Wunsch, eine Bitte, ein Segen. Dieses Wort bewahrt man im Herzen als bleibende Erinnerung und als ein zeitlos gültiges Vermächtnis.

Der Evangelist Johannes legt nun einen besonderen Schwerpunkt auf die langen Schlussworte Jesu in seinen Abschiedsreden an seine Jünger beim letzten Abendmahl. Es scheint so, dass Jesus auch heute uns besonders Worte ans Herz legen möchte, die er damals seinen Freunden anvertraut hat:

  • uns mitteilen und teilhaben lassen an dem,
    was er in der Stunde des Abschieds auf dem Herzen hat;
  • uns einweihen in das Geheimnis seiner Freundschaft;
  • uns seinen bleibenden Auftrag ins Herz und Stammbuch schreiben.

Es begegnen uns im heutigen Evangelium zwei wichtige und wesentliche Gegensatzpaare, nämlich Freundschaft und Knechtschaft und Fruchtbarkeit und Leistung. Zur Freundschaft und Fruchtbarkeit sind wir von Jesus erwählt. Diese Freundschaft lebt von der bleibend gepflegten Beziehung und wiederholten Begegnung. Fruchtbarkeit wächst und reift aus der Geistkraft Gottes.

Deshalb betont Jesus ausdrücklich, dass wir zur Fruchtbarkeit erwählt sind. Wie die Äste und Zweige eines Baumes nur Frucht bringen können, wenn sie mit dem Stamm und den Wurzeln verbunden sind, so können auch wir nur Frucht bringen, wenn wir zutiefst mit Jesus verbunden bleiben.

Darum stellt sich Jesus am Anfang des 15. Kapitels im Bild vom Weinstock vor, zu dem wir als Reben gehören.

Wer in der Knechtschaft stecken bleibt, kann noch nicht zur Freundschaft gelangen. Die Formen der Knechtschaft können sehr verschieden aussehen und ausfallen; es gibt äußere und innere, versteckte und unterschwellige, offensichtliche und unsichtbare. Von daher tue ich gut daran, zu fragen, wie meine derzeitigen Knechtschaften aussehen. Wie kann ich sie erkennen, durchschauen und entlarven, damit ich ihnen nicht länger hörig bin und auf den Leim gehe?

Mögliche Namen meiner persönlichen Knechtschaften können sein:

  • mein Selbstmitleid oder meine innere Selbstabwertung,
  • die ständige Nörgelei oder Stichelei an mir selbst und anderen,
  • eine kirchlich weit verbreitete Jammerlappenmentalität,
  • die Besserwisserei und Rechthaberei,
  • das Jagen von Sündenböcken,
  • mein Perfektionismus oder Pessimismus,
  • der Aktionismus oder Zynismus,
  • die Last der Selbstüberforderung,
  • das Laster des Lästerns,
  • die Zwangsjacke meines Dünkels, die Arroganz oder auch Ignoranz.
  • oder…

Nun, wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die uns von Kindesbeinen an geprägt hat und bis heute weite Bereiche unseres Lebens bestimmt. Im beruflichen Alltag wird von den Menschen Leistung gefordert; manche werden durch den ständig steigenden Leistungsdruck auch krank, weil sie nicht mithalten können, auf der Strecke bleiben oder unter die Räder kommen. Leistung an sich ist ja nicht schlecht; allerdings kann sie zum Tyrannen, Diktator und Götzen werden; wenn der Wert einer Veranstaltung nur an ihren Zahlen gemessen wird; wenn es in der Kirche nicht um Seelsorge geht, sondern die Zählsorge alles regiert.

Mit den beiden Schlüsselworten Freundschaft und Fruchtbarkeit verdeutlicht Jesus, dass die Liebe nicht im Rückzug in eine spirituelle Kuschelecke, sondern im bereitwilligen Aufbruch und Auszug in die jeweils konkreten Lebenssituationen. Im wohlwollenden Umgang mit uns selbst und den Menschen, denen wir begegnen, zeigt, bewährt und bewahrheitet sich, wie echt und alltagstauglich unsere Liebe ist.

Pastor Klaus Koltermann

Fürbitten

Sonntag, 5. Mai 2024 6. Sonntag der Osterzeit

Jesus liebt uns und gibt uns den Auftrag diese Liebe weiterzugeben.
Als seine Freundinnen und Freunde leben und handeln wir.
Er verspricht, dass Gott unsere Bitten hört und erhört.

Darum bitten wir:

  1. In der Ukraine haben Zahl und Stärke der Angriffe zugenommen.
    Wir beten für die Menschen,
    die von den Kriegshandlungen direkt betroffen sind;
    wir beten für alle, die um Angehörige trauern,
    und für diejenigen, die sich unermüdlich um Frieden bemühen.

    – kurze Stille – V: Du Gott der Liebe – A: Wir bitten dich erhöre uns.
    (oder GL 312.2 – Sende aus deinen Geist)

  2. In Kairo gibt es Vermittlungsansätze zwischen Israel und der Hamas.
    Wir beten für die Politiker und Politikerinnen,
    die an den Verhandlungen beteiligt sind;
    wir beten für die Menschen,
    die unter schwierigsten Bedingungen im Gazastreifen leben;
    und für die israelischen Geiseln und ihre Angehörigen.

    – kurze Stille – V: Du Gott der Liebe – A: Wir bitten dich erhöre uns.

  3. Unsere demokratische Staatsform wird von mehreren Seiten
    in Frage gestellt oder sogar bedroht.
    Wir denken an alle Menschen,
    die sich mutig für die Demokratie engagieren;
    wir denken an die Vielen,
    die ihre Überzeugung oder ihre Lebensform lieber nicht mehr offen zeigen;
    und auch an die Menschen,
    die sich von der Vielfalt der Meinungen überfordert fühlen.

    – kurze Stille – V: Du Gott der Liebe – A: Wir bitten dich erhöre uns.

  4. Bei Meinungs-Verschiedenheiten kommt es immer öfter zu Gewalt.
    Wir denken an Journalisten und Journalistinnen, die angegriffen werden,
    wir denken an die Politiker und Politikerinnen,
    die bedroht und bedrängt werden;
    und an alle, die sich von Hass-Botschaften
    und Fake-News beeinflussen lassen.

    – kurze Stille – V: Du Gott der Liebe – A: Wir bitten dich erhöre uns.

  5. Viele Menschen sind einsam und leiden unter Depressionen.
    Wir bitten für alle, über die eine solche Dunkelheit hereinbricht;
    für die Verantwortlichen in der Politik, die an der Suizidprävention arbeiten;
    und für alle, die einen lieben Menschen an die Krankheit verloren haben.

    – kurze Stille – V: Du Gott der Liebe – A: Wir bitten dich erhöre uns.

  6. Die Kirchen in Deutschland erleben einen beispiellosen Mitgliederverlust.
    Wir beten für alle, die noch mit ihrer Entscheidung ringen,
    für diejenigen, die einen Weg außerhalb der Kirchen suchen;
    und für die, die sich immer noch und weiter in den Gemeinden
    und für die Menschen einsetzen.

    – kurze Stille – V: Du Gott der Liebe – A: Wir bitten dich erhöre uns.

Wir vertrauen auf Jesu Liebe und Freundschaft bei allem was wir tun. 
Wir danken für seinen Beistand und preisen ihn in der Gemeinschaft mit Gott
und dem heiligen Geist jetzt und in Ewigkeit.

Amen.

Quelle: Bistum Trier

03.05.2024

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